neu im club

Anick Bohnert, Jan Bohnert und Christian Neuburger, nbundm* architekten BDA und stadtplaner, München/Ingolstadt

Start-up

In der IT-Branche gehört es zum guten Ton auf eine Gründungsgeschichte verweisen zu können, in der ein kleines start-up in einer Garage die Arbeit beginnt. Bei nbundm* architekten ist das ähnlich, wenngleich ihre Geschichte nicht in, aber doch mit einer Garage anfängt. „Die wahrscheinlich teuerste Garage Ingolstadts“ sei das gewesen, sagt Christian Neuburger, die er und Jan Bohnert – das n und b von nbundm* – während des Studiums für seine Eltern planten und realisierten. Lachend fügt er an: „…sie steht noch da wie eine Eins!“ Neben dem Gewinn des „Europan 7“-Wettbewerbs (zusammen mit Valentina Laus) 2003 war das der kick off für die professionelle Zusammenarbeit. 2005 gründete man offiziell das Büro nbundm* architekten zusammen mit Anick Bohnert – damals noch Müller, somit das m im Büronamen und derzeit im „Mutterschutz“.

nbundm* architekten, Garage, Ingolstadt 2003

nbundm* architekten, Garage, Ingolstadt 2003

Während des Studiums an der TU München hatten sich Neuburger und Bohnert kennengelernt. „Wir hatten im Grundstudium das Gefühl, dass der fachliche input nur unzureichend ist“, sagt Bohnert am Besprechungstisch in der Teeküche des Büros in München, „deswegen sind wir selbst auf Exkursionen gegangen.“ So habe man sich einiges auch „…selbst beigebracht“, assistiert Neuburger, und ein gemeinsames Interesse an den lokal unterschiedlichen Spezifika von Architektur entdeckt. „Dabei ist für uns eigentlich alles an Architektur vor der klassischen Moderne interessant“, führt er aus. Das sieht man der Wand hinter dem Besprechungstisch jedoch nur in Teilen an: über und über ist sie voll gespickt mit Architekturfotos, Renderings und Zeichnungen – alles Inspirationsquellen für ein aktuelles Projekt. Von Expressionistischem bis zu rationalistischer Architektur ist alles dabei – ein erster Hinweis für die analoge Arbeit des Büros. Zum einen sei es wichtig, so Bohnert, in der heutigen, schnelllebigen Zeit etwas – zumindest für die Dauer eines Projekts – auf Papier zu bannen und stets präsent zu haben, bookmarks oder feeds seien da nicht ausreichend. Zum anderen dienen solche Quellen als Analogien für die eigene Entwurfsarbeit. Und so ist es wenig verwunderlich, dass sich Christian Neuburger im weiteren Verlauf des Gesprächs auch auf Miroslav Šik und seine Ausführungen zur Architektur stützt.(1)

nbundm* architekten, Bürgerhaus, Wettbewerb, Marquartstein 2011

nbundm* architekten, Bürgerhaus, Wettbewerb, Marquartstein 2011

In ihrer Arbeit geht es den jungen Architekten seitdem nicht darum, Neues zu erfinden, sondern Vorgefundenes in eine heutige Formensprache zu übersetzen, die sich in einer Art intellektuellen Spiegelung vor Ort assimiliert. „Die drei ‚A’s“ nennen Bohnert und Neuburger dieses Vorgehen: Aus einer Mischung von Ableitung (der spezifischen Geschichte des Ortes) und Assimilation (bauliches und kulturelles Einfügen am Ort) wird Architektur. Diese Arbeitsweise hat dem Büro inzwischen das label von antiglobal denkenden „Romantikern“ eingebracht.(2) Eine Bezeichnung, mit der man im Büro aber gut leben könne, wie Jan Bohnert augenzwinkernd meint.

Das Arbeiten in der Wechselwirkung aus dem jeweiligen Ort heraus und wieder in ihn hinein prägt das Schaffen des Büros mit einem weiteren Standort in Ingolstadt. An Orten, an denen sich bestimmte Formen oder Typologien seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten bewährt haben, muss man nichts Neues implantieren, so das Credo. Der „spitzen Grundrisse und schönen Proportionen“ wegen entwickelte man im Büro etwa das Oberbayerische Querflurhaus und das Mittelflurhaus für eigene Projekte weiter. „Wenn es mit der Folge Haus, Hof, Haus, und so weiter und so fort, eine Struktur gibt, die sich offensichtlich als gut herausgestellt hat, dann bauen wir eben so weiter“, erläutert Christian Neuburger etwa das Haus Petermeier in Beilngries. Dabei entwickeln die Projekte durchaus eine eigene Formensprache und die Architektinnen und Architekten des Büros verfallen nicht einem formal missverstandenen Landhaus-Chic oder einer rückwärtsgewandten Pseudo-Heimeligkeit. Vielmehr sieht man den Bauten an, dass sie mit Liebe fürs Detail gemacht sind, ohne den Blick für ihre Verwebung mit dem Ort zu verlieren. Tatsächlich gesteht Neuburger ein, dass er immer wieder an eher unscheinbaren Gebäuden die Erfahrung macht, die er vorher schon viele Male passiert habe, plötzlich doch eine Kleinigkeit zu entdecken, die für ihn die schlüssige Lösung für momentan virulente Fragen oder generelle gestalterische Probleme sind. „Oft ist es dann nämlich das Kleine, vermeintlich Unspektakuläre, das interessant ist“, führt er aus.

nbundm* architekten, Betreutes Wohnen, Wettbewerb, Amberg 2010

nbundm* architekten, Betreutes Wohnen, Wettbewerb, Amberg 2010

Das Spektakuläre, so scheint es, ist nbundm* zunächst einmal suspekt. Auch in der Kleinteiligkeit der Bauaufgaben ihrer ersten Schaffensjahre sehen die beiden keinen Nachteil. Zwar glauben sie an die Notwendigkeit einer Öffnung des Wettbewerbswesens für junge Büros, in der ausschließlichen Bearbeitung selbiger liege aber auch eine Gefahr: „An unseren ersten kleinen Projekten konnten wir viel ausprobieren – auch uns selbst und wie wir mit bestimmten Situationen oder Menschen umgehen“, erklärt Bohnert. Doch nur auf Wettbewerbe als Sprungbrett von der Hochschule ins Berufsleben zu setzen, hält er für die falsche Strategie: „Zweigleisig fahren wäre optimal: kleinere und kleinste Projekte und ab und zu einen Wettbewerb – einfach, um sich auch einmal mit anderen zu messen.“ Und Neuburger sekundiert: „Wenn man sich die ersten realisierten Projekte mancher junger Kollegen anschaut, die Wettbewerb um Wettbewerb machen, bis sie schließlich einen gewinnen, dessen Bauaufgabe für den Anfang eigentlich ein bisschen zu groß ist, dann sind diese oft reichlich ungelenk.“ Zwar erkenne man oft die Intention, die dem Entwurf zugrunde liegt, doch das ausschließliche Arbeiten am theoretischen Entwurf führe zu einer Art „Über-Akademisierung“ – wie sie den meisten Absolventen auch von den Hochschulen mitgegeben würde. „Da fehlen eben die kleinen Fingerübungen.“ Und wenn es für den Anfang nur eine Garage ist…

David Kasparek

www.nbundm.de

Anmerkungen
1 vgl. u.a.: Šik, Miroslav: Altneue Gedanken. Texte und Gespräche 1987–2001, Quart, Luzern 2002; Alena Hanzlová (Hrsg.): Analoge Architektur. Ausstellungskatalog, Obec Architektů, Prag 1991
2 Hildner, Claudia: Die Romantiker, in: Baumeister 2/2012, S. 80ff.

nbundm* architekten, Stadthäuser Griesbadgasse, Ingolstadt 2005 – 2008, Foto: Florian Schreiber

nbundm* architekten, Stadthäuser Griesbadgasse, Ingolstadt 2005 – 2008, Foto: Florian Schreiber

nbundm* architekten, Stadthäuser Griesbadgasse, Ingolstadt 2005 – 2008, Foto: Florian Schreiber

nbundm* architekten, Stadthäuser Griesbadgasse, Ingolstadt 2005 – 2008, Foto: Florian Schreiber

nbundm* architekten, Stadthäuser Griesbadgasse, Schnitt AA, Ingolstadt 2005 – 2008

nbundm* architekten, Stadthäuser Griesbadgasse, Schnitt AA, Ingolstadt 2005 – 2008

nbundm* architekten, Stadthäuser Griesbadgasse, Grundriss EG, Ingolstadt 2005 – 2008

nbundm* architekten, Stadthäuser Griesbadgasse, Grundriss EG, Ingolstadt 2005 – 2008

nbundm* architekten, Kindertagesstätte, Freising 2010 – 2013, Foto: nbundm

nbundm* architekten, Kindertagesstätte, Freising 2010 – 2013, Foto: nbundm

nbundm* architekten, Kindertagesstätte, Freising 2010 – 2013, Foto: nbundm

nbundm* architekten, Kindertagesstätte, Freising 2010 – 2013, Foto: nbundm

nbundm* architekten, Kindertagesstätte, Modellfoto, Freising 2010 – 2013, Foto: nbundm

nbundm* architekten, Kindertagesstätte, Modellfoto, Freising 2010 – 2013, Foto: nbundm

nbundm* architekten, Kindertagesstätte, Schnitt AA, Freising 2010 – 2013

nbundm* architekten, Kindertagesstätte, Schnitt AA, Freising 2010 – 2013

nbundm* architekten, Kindertagesstätte, Grundriss EG, Freising 2010 – 2013

nbundm* architekten, Kindertagesstätte, Grundriss EG, Freising 2010 – 2013

nbundm* architekten, Haus WNL, Eichstätt 2007 – 2008, Foto: Henning Koepke

nbundm* architekten, Haus WNL, Eichstätt 2007 – 2008, Foto: Henning Koepke

nbundm* architekten, Haus WNL, Eichstätt 2007 – 2008, Foto: Henning Koepke

nbundm* architekten, Haus WNL, Eichstätt 2007 – 2008, Foto: Henning Koepke

nbundm* architekten, Haus WNL, Eichstätt 2007 – 2008, Foto: Henning Koepke

nbundm* architekten, Haus WNL, Eichstätt 2007 – 2008, Foto: Henning Koepke

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