Eine Ausstellung neu berufener Mitglieder des BDA Rheinland-Pfalz

Neue Neue

Neu berufene Mitglieder stellt der BDA der Öffentlichkeit mit unterschiedlichen Formaten vor, ob an Pecha-Kucha-Abenden oder im klassischen „neu im club“-Talk. Im Landesverband Rheinland-Pfalz hat man sich dazu entschlossen, die 2016 und 2017 neu aufgenommenen Mitglieder in einer Gruppenausstellung mit dem Titel „Neue Neue“ zu würdigen. Schauplatz war die Architekturgalerie der TU Kaiserslautern, die inzwischen im zehnten Jahr existiert und sich in der Region zu einem Zentrum anspruchsvoller Architekturvermittlung entwickelt hat.

Michael Burghaus, Mark Flick, Fabrice Henninger, Stephanie Hambsch, Philipp Dury, Florian Lachenmann, Sven Letschert (v.l.n.r.), Foto: Jörg Heieck

Die sieben neuen Mitglieder vertraten fünf Büros: Marc Flick (Mainz), Sven Letschert (planfaktur, Montabaur), Michael Burghaus (.pg1, Kaiserslautern), Philipp Dury und Stephanie Hambsch (dury et hambsch, Landau), Fabrice Henninger und Florian Lachenmann (hdg Architekten, Bad Kreuznach). Das Konzept der Ausstellung war insofern ungewöhnlich, als dass Fotos, Pläne und Visualisierungen aktueller Projekte nicht nach Büronamen sortiert an den Wänden hingen, sondern unter den gemeinsam ausgewählten Überschriften „Transformation“, „Kollektiv“, Hybrid“ und „Mehrwert“. Besucher der Ausstellung trafen auf vier Bildgruppen mit einem jeweils bunt gemischten Spektrum an Bauaufgaben unterschiedlicher Körnung. Die Aufgabe bestand darin, sich assoziativ mit dieser Bilderwelt zu beschäftigen und mögliche Zusammenhänge aufzuspüren.

Außerdem stellten sich die neuen Mitglieder an zwei Abenden dem Publikum. In einer moderierten Diskussion skizzierten sie ihren beruflichen Werdegang, erläuterten eigene Positionen und Strategien anhand ihrer Projekte und bezogen Stellung zu aktuellen Fragen der Architektur. Bei der Vernissage am 15. Mai saßen Marc Flick, Sven Letschert und Michael Burghaus auf dem Podium, die Diskussion zur Finissage am 5. Juni bestritten die beiden Büropartnerschaften Dury/Hambsch und Henninger/Lachenmann. Das Format überzeugte auch deswegen, weil im Gruppendiskurs relevantere Erkenntnisse über eine Generation gewonnen werden können, als im Einzelgespräch.

„Neue Neue“ in der Architekturgalerie der TU Kaiserslautern, Foto: Jörg Heieck

Worin also könnten die Gemeinsamkeiten bestehen? Der Moderator (auch Autor dieses Artikels) bat die Protagonisten zunächst darum, zu vorformulierten Aussagen ihre Zustimmung oder Ablehnung per Handzeichen zu signalisieren. Mit der rekonstruierten Altstadt in Frankfurt am Main konnten die Befragten erwartungsgemäß wenig anfangen, ebenso wie mit WDV-Systemen. Auch ist keiner von ihnen in den BDA eingetreten, um an mehr oder bessere Auftraggeber zu gelangen. Bemerkenswert: Zu der Aussage „In den nächsten zehn Jahren soll mein/unser Büro expandieren“ äußerten sich alle Befragten zurückhaltend bis ablehnend – obwohl die wirtschaftliche Lage der Architekten so gut ist wie seit Jahrzehnten nicht.

Diese Skepsis unterscheidet sie von früheren Architektengenerationen. Sie könnte damit zusammenhängen, dass diese „Neuen“, die um das Jahr 2004 ihr Studium abschlossen, noch die schlechteren Zeiten kennengelernt und in ihren Wanderjahren als Absolventen erfahren haben, dass unkonventionelle Konzepte und Ideen in großen Büros schneller platzen als in Büros mit einer Handvoll Mitarbeitern. Der große Apparat ist auch deswegen kein Ziel (mehr), weil er wirtschaftliche Abhängigkeiten mit sich bringt, die oft faule gestalterische Kompromisse erfordern. Manchen erfahreneren Kollegen im Publikum merkte man das Befremden an: Idealismus schön und gut, man war schließlich selbst einmal jung, aber gehört das Sich-die-Nächte-um-die-Ohren-Schlagen denn nicht mehr zum Berufseinstieg dazu? Work-Life-Balance statt Berufsrisiko? Womöglich hat diese Zurückhaltung viel mit den exklusiven Wettbewerbsverfahren zu tun, zu denen „Neue“ selten Zugang haben, und mit einer überregulierten Baugesetzgebung, die strukturell eher den Durchschnitt fördert als das Herausragende. Darüber lamentieren wollte indes keiner der Neuen, eher verströmten sie einen positiven Realismus: Warum nicht einfach klug mit dem Faktischen umgehen?

Am Anfang jedes Architekturbüros stehen kleine Bauaufgaben: Umbau eines Dachgeschosses, ein Wohn- und Geschäftshaus in einer dörflichen Baulücke, eine Kantine im Gewerbegebiet. Eine gute Portion Bodenständigkeit und Pragmatismus ist bei solchen Aufträgen gar nicht verkehrt, sofern das Werk intellektuell angebunden ist an Oberthemen wie Ressourcenschonung, Landflucht, veränderte Arbeitswelten oder – neuerdings wieder – Heimat. Und auch darüber war man sich einig: Ein kleines Büro mit hohem Anspruch funktioniert am besten im Verbund mit der Lehrtätigkeit an einer Hochschule, was nicht nur Praxis und Theorie verbindet, sondern auch den Kontakt zum Nachwuchs erhält – zu den neuen Neuen von morgen.

Nils Ballhausen

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