Rembrandt Bugatti in Berlin

Der Charme der Tiere

Gähnende Nilpferde, denen der Speichel aus dem Maul tropft, Panther im schleichenden Kreuzgang, verletzte Antilopen, die sich von ihren Jungen trösten lassen, Schindmähren, Marabus und ein Dackel mit Namen Wurst – Rembrandt Bugatti hat sie alle!

Noch bis zum 27.7.2014 sind über 100 seiner Bronzeplastiken zusammen mit Zeichnungen und Dokumenten in der Alten Nationalgalerie in Berlin zu sehen. Der Bildhauer, der Anfang des 20. Jahrhunderts europaweit gerühmt wurde, befasste sich beinahe ausschließlich mit einem einzigen Topos: den Tieren. Der Sohn des Möbeldesigners Carlo Bugatti hatte als Kind dieses Sujet für sich entdeckt und bereits als 16jähriger ohne jegliche akademische Ausbildung mit einer Gipsplastik auf der Mailänder Frühjahrsausstellung debütiert. Nach dem Umzug der Familie nach Paris entdeckte er den Zoologischen Garten für sich, wo er alsbald so bekannt wurde, dass die Tierwärter ihn, wann immer er wollte, zu den Gehegen ließen. Vor Ort schuf er die ersten Modelle, die anschließend der Bronzegießer Adrien-Aurélien Hébrard, der auch mit Degas und Rodin arbeitete, in ihre bronzene Form brachte.

Bugattis Formensprache reicht von naturalistisch über expressiv bis kubistisch, die Oberflächen der Objekte sind manchmal rau und schrundig, manchmal streichelglatt. Was seinem Werk den bestechenden und uniquen Charakter verleiht, ist die Einzigartigkeit, mit der er die Eigenarten der Tiere darstellt – ohne Pathos, ohne Kitsch. Anders als bei August Gaul, dem anderen großen Tierbildhauer seiner Zeit, wirken Bugattis Tiere lebendig und nicht artifiziell , sondern individuell porträtiert und charakterisiert.

Es scheint, als hätte Rembrandt Bugatti in der Welt der Tiere seine Kommunikationspartner gefunden – in der anthropologischen Welt gelang ihm das immer weniger. Während des Zweiten Weltkriegs als Sanitäter tätig und tief verstört über das Leid und den Umstand, dass Zootiere aus Futtermangel getötet werden mussten, nahm er sich 1916 das Leben. Er wurde nur 31 Jahre alt, hinterließ jedoch eine beachtliche Schar von über 300 Tierplastiken.

Zur Symbiose mit den Werken seines Bruders, den berühmten Automobilkonstrukteur Ettore Bugatti, gelangt sein Werk rund zehn Jahre nach seinem Tod: Für die Kühlerfigur des Luxuswagens Bugatti Royale nutzte Ettore einen Petschaft in Form eines sich reckenden Elefantens, den Rembrandt ihm geschenkt hatte – ein ironischer Seitenhieb und Persiflage auf „Spirit of Ecstasy“, die die Kühlerhauben seines Konkurrenten Rolls-Royce zierte.

Red.

Rembrandt Bugatti
28. März – 27. Juli 2014
Öffnungszeiten: Di – Mi, Fr – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr
Eintritt: Sammlung inkl. Rembrandt Bugatti: 12,– Euro / ermäßigt 6,– Euro
Alte Nationalgalerie
Museumsinsel
Bodestraße 1-3
10178 Berlin

Fotos: Bernhard Angerer, David von Becker / Alte Nationalgalerie Berlin, Peter John Gates, Rembrandt Bugatti Conservatoire

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