Tatort

 o. T.

Gesucht wird wieder ein Bauwerk, das in der Architekturgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine besondere Rolle spielt – sei es durch eine außergewöhnliche Eigenschaft, eine ungewöhnliche Geschichte oder eine spezifische Merkwürdigkeit. Lösungsvorschläge können per E-Mail an redaktion[at]die-architekt.net eingereicht werden. Zu gewinnen gibt es ein Buch. Einsendeschluss ist der 20. August 2025.

Kein Tatort ohne Verbrechen – und diesmal ist tatsächlich eines zu beklagen: Zwei Jugendstilvillen wurden „aus dem Weg geräumt“, um für das gesuchte Gebäude, einen Erweiterungsbau, Platz zu machen. Das erscheint beinahe undankbar, lässt sich doch seine Geschichte ohne Villen kaum erzählen: In einem Villenviertel situiert, ergänzt es baulich eine Villa und die Institution, die es beherbergt, beziehungsweise deren Vorgängerin, war zuvor – nach wechselnden Quartieren – in einer weiteren, benachbarten Villa untergebracht.

Der Tatort ist ein langgestreckter, 3000 Quadratmeter großer Bau mit Sheddach und einer Fassade aus Tombak-Blechen, die stellenweise große Fensterflächen freigeben. Ihre lamellenartige Struktur scheint die Band- beziehungsweise Plattenrustika des Sockelgeschosses der um die Jahrhundertwende errichteten historistischen Villa zu zitieren. Diese wurde ebenso wie die zuvor als Quartier genutzte Villa im Zweiten Weltkrieg stark zerstört. Dennoch kaufte die Stadt sie an und baute sie in reduzierter Form für die Nutzung wieder auf, die sie – mit einer Unterbrechung als Verwaltungssitz für die dort untergebrachte Institution – bis heute inne hat. Zwischenzeitlich musste sie saniert werden, weil der nach dem Krieg neu errichtete Dachstuhl zu schwer für ihre Außenwände war.

Foto: Zo. Am. 2017 via Wikimedia (CC BY-SA 4.0)

An ihrer Rückseite dockt nun der Erweiterungsbau zunächst als schmales, zweifach geknicktes – um den alten Baumbestand mäanderndes – Volumen an, bevor er sich in abfallenden Stufen erweitert und sich in einer beinahe klassizistischen Anmutung zum gegenüberliegenden Park und dessen Wasserbecken mit einer Loggia und zwei Dachterrassen öffnet. Er passt sich mithin nicht nur in seiner Form sondern auch atmosphärisch an die Umgebung an. Diese enge Verbindung mit der Landschaft kultivierten die beiden Architekten aus einem Nachbarland Deutschlands – auch für ihre Lampen und andere Designobjekte bekannt – schon bei einem früheren namhaften Bau der gleichen Funktion. Der geringen tiefenräumlichen Ausdehnung im Inneren gemäß erschließt eine lange, gewundene Rampe die unterschiedlich dimensionierten Räume der drei Geschosse. Die innere Verfasstheit soll nicht nur der ureigenen Bauaufgabe Rechnung tragen, sondern auch multifunktionale Nutzungen ermöglichen – und der Tatort mithin weniger repräsentativer Tempel sein, denn als öffentlicher Ort Begegnung und Kommunikation zu fördern. Welchen Bau suchen wir, wo steht er und wann wurde er nach wessen Plänen errichtet? Theresa Jeroch

Beim Tatort in Ausgabe 2 / 2025 handelt es sich um die „Alte Akademie“ in München, die 1953 bis 1955 unter Josef Wiedemann wiederaufgebaut und um einen Neubau ergänzt wurde. Der historische Teil des Gebäudes stammt aus dem 16. Jahrhundert und beherbergte ursprünglich ein Jesuitenkolleg. Gewinnerin des Buchpreises ist Petra Wagner.

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