Aus der Forschung

Aufwand und Nutzen

Zwischenbericht der Studie „Einfach sanieren“

Mit welchen Mitteln der energetischen Sanierung werden welche Ergebnisse erzielt? Diese scheinbar simple Frage, wie die ökonomische und ökologische Effizienz von Gebäudesanierungen zu bewerten ist, steht im Zentrum der Forschungsstudie „Einfach sanieren“ des Lehrstuhls für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen der TU München. Dabei gilt es, nicht nur verschiedene materielle, baukonstruktive und gebäudetechnische Umbaumöglichkeiten zu berücksichtigen und zu evaluieren, sondern auch das individuelle Verhalten der Nutzenden im Kontext der Sanierungen zu beachten. Lüftungs- und Heizgewohnheiten haben einen nachweislich hohen Einfluss auf den Energiebedarf. Der sogenannte Prebound-Effekt besagt, dass Personen in thermisch ineffizienteren Gebäuden zu energiesparenderem Verhalten neigen. Im Vergleich zum errechneten Bedarf verbrauchen sie tendenziell weniger Energie. Als Gegenstück bezeichnet der Rebound-Effekt die Neigung von Personen in energetisch effizienteren Häusern – durch höhere Komfortansprüche oder geringere Furcht vor zu hohen Heizkosten –, mehr Energie im Vergleich zum errechneten Bedarf aufzuwenden.

Eines der untersuchten Zeilenhäuser im Heidelberger Quartier Pfaffengrund, Foto: Florian Nagler

Eine konkrete Bewertung unterschiedlicher Sanierungsstrategien, in Abwägung von Kosten und Aufwand der Eingriffe, Treibhausgas-Emissionen und den benannten Pre- und Rebound-Effekten, kann daher nur im praktischen Kontext erfolgen. Dazu wurden im Rahmen der Studie, in Kooperation mit der Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz Heidelberg (GGH), sieben (von dreizehn) baugleiche Zeilenhäuser aus den 1950er-Jahren nach unterschiedlichen Standards saniert. Typologisch sind vergleichbare Gebäude in nahezu jeder deutschen Stadt vorhanden. Sie sind daher eine geeignete Grundlage, um die Ergebnisse der Forschung auch verallgemeinert anwenden zu können. Die Bauten im Heidelberger Quartier Pfaffengrund bestehen großteils noch aus der originalen Bausubstanz – mit zeittypischem Mauerwerk und Betondecken. Nur 1986 wurden die Fenster modernisiert und der Dachboden gedämmt. Seit 1994 wird die Siedlung mit Fernwärme versorgt. Die vorgenommenen Sanierungsvarianten der einzelnen Häuser liegen mit ansteigendem Aufwand zwischen einem minimalinvasiven Eingriff – Austausch der Verglasung in den Wohnzimmern und Dämmung der Kellerdecke – und der Vollsanierung nach Effizienzhausstandard 55 (EH55). Neben der durchgängigen Erfassung des Wärmeenergieverbrauchs wurden und werden, vor und nach den Sanierungen, minutiöse Messungen der Raumklimata in ausgewählten Wohnungen vorgenommen. Diese geben Aufschluss über das Heiz- und Lüftungsverhalten der Bewohnenden und sollen damit konkrete Rückschlüsse zu Pre- und Rebound-Effekten ermöglichen.

Foto: Florian Nagler

In einem Zwischenbericht wurden vom Forschungsteam bereits erste Ergebnisse und Vermutungen der noch laufenden Studie zusammengefasst. Die Sanierungsvariante nach EH55 zeigt sich darin beispielsweise als Option mit dem theoretisch größten Reduktionspotential an Treibhausgasen sowie als Variante mit den deutlich höchsten Sanierungskosten. Weiterhin scheinen die baulichen Investitionen bei jeder Option die finanziellen Einsparungen durch geringeren Energieverbrauch (innerhalb eines Zeitraums von 25 Jahren) zu übersteigen. Bei einer Umlegung der Kosten würde die Kaltmiete – bei dieser ökonomischen Betrachtung – also immer stärker steigen als die Nebenkosten sinken würden. Im besonderen Interesse der Studie liegt auch die Bilanzierung von CO2-Vermeidungskosten, die Auskunft darüber geben, wie effizient Investitionen bei der theoretischen Vermeidung von Treibhausgasen sind. Hier scheinen die Sanierungsoptionen nach EH55 oder EH85 bislang merklich schlechter abzuschneiden als die Varianten mit geringeren Eingriffen. Das wäre im Hinblick auf die notwendige, nachhaltige Transformation des Gebäudebestands und der damit zusammenhängenden Frage, welcher Sanierungsstandard durch politische Entscheidungen maßgeblich gefördert wird, von großer Bedeutung. Christian Juhlke

Das Forschungsprojekt wird finanziert aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat. Es wird gefördert im Rahmen des Strategiedialogs „Bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen“.

Foto: Annalena Veit

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