Warum Generationenlabels nichts taugen und eher schaden

Generation Bye Bye

Die Omnipräsenz des Generationenbegriffs hat dazu geführt, dass er als sinnvolle Kategorie zum Verständnis unserer Welt und ihrer dynamischen Entwicklungen weithin akzeptiert wird. Die Klischees über rückständige Boomer, die beziehungsunfähige und übersensible Generation Y sowie die verwöhnte Generation Z sitzen tief. In der empirischen Forschung dagegen wurde er als tatsächliche Unterscheidungskategorie mittlerweile zu den Akten gelegt. Doch was fasziniert uns so sehr an dem Konzept und warum halten wir trotz gegenteiliger Evidenz so stark daran fest? Ein Beitrag von Elina Potratz darüber, warum diese Labels womöglich mehr Unheil anrichten, als dass sie uns wirkliche Erkenntnisse eröffnen.

„Die nächste Generation ist deutlich weniger selbstständig und leistungsfähig“, so heißt es im Klappentext der 2021 erschienenen Publikation „Generation lebensunfähig“(1) über Kinder, die etwa ab 2010 geboren wurden. An Erklärungen mangelt es laut Autor Rüdiger Maas nicht: „Statt ihr Kind zu erziehen, überschütten die Eltern es mit Liebe, Geschenken und Optimierungen.“ Auch die Digitalisierung habe ihren Anteil: „Internetsüchte sind ein weit verbreitetes, aber noch wenig beachtetes Krankheitsbild. Die Aufmerksamkeitsspanne junger Menschen reduziert sich immer weiter (…).“(2)

Maas’ Buch war Spiegel-Bestseller, mit seinen Thesen wird der Autor und Mitbegründer des privatwirtschaftlich agierenden „Instituts für Generationenforschung“ regelmäßig in überregionalen Zeitungen zitiert und ist zu Gast in Radiosendungen und Podcasts. Darüber hinaus bietet Maas Unternehmensberatungen an, beispielsweise zur Frage: „Wie kann ich junge Arbeitnehmer:innen der Generation Z für mich gewinnen?“(3) Auch der oft zitierte und interviewte „Jugendforscher“ Simon Schnetzer, der seit 2010 regelmäßig die „Jugendstudie Junge Deutsche“ (zum Download ab 52,43 Euro inkl. MwSt.) herausgibt, ist Coach, hält Vorträge und berät Unternehmen. Kurz gesagt: Mit Generationenerzählungen wird Geld verdient.

„Wie kann ich junge Arbeitnehmer:innen der Generation Z für mich gewinnen?“ – mit solchen Themen lässt sich in der Unternehmensberatung offenbar viel Geld verdienen. Abb.: Weronika Gęsicka, Untitled #17, aus der „Smash“-Serie, 2019

Das Einteilen in Generationen ist seit vielen Jahren omnipräsent und natürlich bekommen auch ältere Generationen regelmäßig ihr Fett weg, vorwiegend in den sozialen Medien. Im digitalen Raum ist die Kritik an ihnen jedoch meist weniger analytisch, mehr humorvoll-herablassend. „OK Boomer“ lautet die vor einigen Jahren entstandene Phrase, unter der man sich über rückständige, peinliche Personen der Babyboomer-Generation lustig macht – oft als lakonische Reaktion auf eine Kritik an „der Jugend von heute“. Ein wenig scheint beim Babyboomer-Bashing auch der Hohn darüber mitzuschwingen, dass diese eine Generation der Vielen, der Masse, der Austauschbaren sind.

Schwammig, aber egal

Wer aber überhaupt zur Babyboomer-Generation gehört, ist dabei nicht so eindeutig, wie man meinen könnte. Die gängigen Definitionen der zugehörigen Jahrgänge schwanken in Deutschland innerhalb eines recht großen Zeitfensters zwischen Ende der 1940er- bis Ende der 1970er-Jahre. Einige sehen nur die geburtenstarken Jahrgänge zwischen 1955 und 1969 als wirkliche „Boomer“ an. All die Definitionsversuche erscheinen mit Blick auf die „OK Boomer“-Witze aber ohnehin kleinkariert, denn oft kann diesen bereits jeder zum Opfer fallen, der über 40 ist.

Die Liste der Generationenlabels ist inzwischen schier unendlich: Generation Silent, X, Y, Z, Alpha, Generation Golf, Snowflake, Beziehungsunfähig et cetera. Welche Jahrgänge die Kategorien umfassen sollen, ist meist nicht weniger schwammig als bei den Boomern. Zwar gibt es nicht nur Spott und Kritik für die Generationen, sondern auch immer wieder Versuche der Ehrenrettung, etwa kürzlich in der ZEIT: „Boomer: Die beste Generation aller Zeiten“(4) oder auch Bemühungen, eine Versöhnung zwischen den Generationen heraufzubeschwören. Die Grundidee bleibt jedoch immer bestehen: Die Vorstellung, dass Gesellschaften und gesellschaftliche Entwicklungen sich grundsätzlich durch eine Einteilung in Geburtenjahrgänge analysieren und verstehen lassen. Diese Vorstellung verfestigt sich durch jahrzehntelange Weiter- und Neuerzählung.

Bereits seit vielen Jahren stellen Forschende aus Soziologie, Psychologie und anderen Disziplinen das Konzept der Generation immer wieder auf den Prüfstand. Allein schon die Definition ist nicht einfach: Einen der ersten Versuche, der bis heute extrem prägend ist in der Generationenforschung, unternahm der Soziologe Karl Mannheim in seinem Aufsatz „Das Problem der Generationen“ von 1928.(5) Der Historikerin Ulrike Jureit zufolge gehörten für Mannheim „gemeinsamer kultureller Kontext, chronologische Gleichzeitigkeit sowie die Wahrnehmung des Geschehens aus der gleichen Lebens- und Bewusstseinsschichtung heraus (…) zu den entscheidenden Voraussetzungen generationeller Vergemeinschaftung“.(6) Die Grundidee ist bis heute, dass Menschen, die innerhalb des gleichen Zeitraums geboren wurden, durch einschneidende Erfahrungen und Erlebnisse in ihrer Jugend ähnliche Einstellungen gewinnen können, die sie ihr gesamtes Leben über verbinden.

Doch welche Art von Erfahrungen und Erlebnissen kann eine ganze Altersgruppe überhaupt so umfassend und einschneidend prägen – und zwar so, dass dies nicht nur die Denk- und Verhaltensweisen in einer bestimmten Lebensphase, sondern für ein ganzes Leben lang beeinflusst? Abb.: Weronika Gęsicka, Untitled #4, aus der „Fun and games“-Serie, 2021

Doch welche Art von Erfahrungen und Erlebnissen kann eine ganze Altersgruppe überhaupt so umfassend und einschneidend prägen – und zwar so, dass dies nicht nur die Denk- und Verhaltensweisen in einer bestimmten Lebensphase, sondern für ein ganzes Leben lang beeinflusst? Dass ein Krieg solch ein Erlebnis sein kann, erscheint noch plausibel, doch gilt das auch für Erfahrungen wie Woodstock, die Love Parade, die Einführung des iPod oder Harry Potter? Zudem: Wie homogen sind die Erfahrungen einer Alterskohorte, sodass sie auch ähnliche Folgen nach sich ziehen? Hinzu kommt die selektive Wahrnehmung, denn sowohl bei den Studentenrevolten der ’68er als auch den Fridays for Future-Demonstrationen, die sich schnell als generationenbildende Ereignisse einordnen ließen, waren oft nur Bruchteile einer Alters­gruppe beteiligt.
Gefühlte Wahrheit

Das Verführerische an der Generationenerzählung ist unter anderem, dass sie vermeintlich unseren Alltagserfahrungen entspricht – und von dieser Wahrnehmung sind natürlich auch Forschende nicht ausgenommen. Das meint auch Martin Schröder, Professor für Soziologie an der Universität des Saarlandes, der vor einigen Jahren von einer Literaturagentur die Anregung erhielt, ein Buch über Generationenunterschiede zu schreiben. Schröder erwog die Idee, fand sie zunächst verlockend, wollte diese jedoch nicht aufgrund seiner subjektiven Einschätzung, sondern auf Basis von Daten beurteilen. Und so wertete er in einer Studie 551.664 Beobachtungen von bis zu 76.161 Individuen des Sozio-oekonomischen Panels – der größten und am längsten laufenden multidisziplinären Langzeitstudie in Deutschland – für die Geburtsjahrgänge 1925 bis 2000 aus.(7)

Doch schon bereits vor Auswertung der Daten gab es für Martin Schröder Anlässe zur Skepsis: Nicht nur, dass mit Regelmäßigkeit alle 15 Jahre eine neue Generationeneinteilung angesetzt wurde, auch die Zuschreibungen seien mitunter widersprüchlich. Der Generation Y, also den zwischen 1985 und 2000 Geborenen, werde zum einen nachgesagt, sie seien extrem karrierefixiert, anderen Aussagen zufolge würden sie jedoch die Arbeit der Familie und Freizeit unterordnen.(8) Zudem sind Schröder zufolge einige Beschreibungen auffällig diffus oder generisch, etwa, dass sich Generation Y „zwischen pragmatischem Idealismus und robustem Materialismus“(9) bewege oder „nach emotionaler Bindung und tiefer Befriedigung“(10) suche. Angesichts der vielen Zuschreibungen, gerade bei Jugendstudien, in denen sich fast jeder wiederfinden könnte, fragt Schröder: „Ist überhaupt eine Geburtenkohorte denkbar, die nicht nach einem gesicherten und eigenständigen Platz in der Gesellschaft sucht, sich nicht anpasst, um Chancen zu ergreifen und kein Bedürfnis nach Sicherheit und positiven sozialen Beziehungen hat?“

Was sagen die Daten?

Für die Auswertung der Daten mussten entscheidende Faktoren herausgerechnet werden, erklärt Martin Schröder im Gespräch. Denn das, was wir für den Generationeneffekt halten, vermische sich mit zwei anderen Effekten: „Zum einen mit dem Alterseffekt: Das heißt, junge Menschen sind anders drauf als ältere. Zum anderen mit dem Periodeneffekt, man könnte ihn auch historischen Effekt nennen. Gemeint ist: Wir sind alle heute anders drauf als früher“, erläutert Schröder: „Hätten Sie in den 1980er-Jahren gefragt, ob Homosexuelle heiraten sollen dürfen, hätten viele Nein gesagt. Heute sagen die meisten Ja. Weil sich insgesamt die Meinung geändert hat.“
Schröders Studie untersuchte sieben Variablen, die sich an den gängigsten Hypothesen und Stereotypen zu Generationenunterschieden orientierten. Beispielsweise das Bedürfnis, sich selbst zu verwirklichen, die Wichtigkeit politischen oder gesellschaftlichen Engagements, die Wichtigkeit von Arbeit sowie von Ehe und Partnerschaft. Das Ergebnis zeigte, „dass deutsche Nachkriegskohorten sich kaum in ihren Einstellungen unterscheiden“. In Wirklichkeit gibt es der Studie zufolge keine signifikanten Unterschiede „zwischen der sogenannten Generation Y, X, den Babyboomern, den ’68ern sowie der sogenannten Skeptischen Nachkriegsgeneration (…). Weithin verbreitete Vorstellungen, wie Generationen sich in ihren Einstellungen unterscheiden, finden sich somit empirisch nicht bestätigt.“, heißt es in der Zusammenfassung.(11)

Bei manchen Variablen sind die Ergebnisse sogar in einer Weise zu deuten, dass die Generationen das Gegenteil von dem sind, was in der Literatur vermutet wird, dass es beispielsweise „gerade für später geborene Kohorten und damit besonders für die sogenannte Generation Y wichtiger wird, für andere da zu sein. Auch das tatsächliche Mithelfen bei Freunden und Verwandten nimmt etwas zu, ebenso wie das ehrenamtliche Engagement. (…) Die Generation Y hat sogar eine stärkere Politikpräferenz als die vorhergehende Generation. All dies passt weder zu einer selbstbezogenen noch zu einer unpolitischen (…) Generation Y.“(12)

Nachruf auf den Generationenbegriff

Schröder ist nicht der erste und einzige, der die Aussagekraft des Begriffs infrage gestellt hat.(13) Mittlerweile gibt es so viele Untersuchungen und Hinweise, die das Konzept als nicht haltbar ausweisen, dass die Organisationspsychologen Cort W. Rudolph und Hannes Zacher 2022 sogar einen „Nachruf“ auf den Generationenbegriff geschrieben haben: auf dass sich die Erkenntnis innerhalb des trägen akademischen Apparates endlich verbreitet und hoffentlich irgendwann auch in der breiten Öffentlichkeit ankommt.(14) Als Hindernis sehen sie dabei vor allem, dass Generationen heute ein „großes Geschäft“ seien, das dazu genutzt werde, Bücher, Vorträge und Workshops zu verkaufen.(15)

Trotz allem ist Martin Schröder der Meinung, dass unsere eigenen alltäglichen Beobachtungen nicht immer falsch sein müssen und auch mehr als Einzelfälle sein können. Etwa, dass jüngere Menschen heute oft nicht mehr 40 Stunden in der Woche arbeiten wollen und sich mehr Work-Life-Balance wünschen. Es liege jedoch nicht daran, dass es eine neue Generation sei, so Schröder, „sondern daran, dass junge Leute schon immer nicht so heiß darauf waren, zu arbeiten. Ganz grob kann man sagen, dass der Stellenwert von Arbeit bis zur Mitte des Lebens wichtiger und dann wieder unwichtiger wird, und das war schon immer so.“ Zu diesem Alterseffekt geselle sich auch hier wieder der historische Effekt: „Man sieht tatsächlich in den Daten, dass sich alle Menschen heute weniger Arbeitszeit als vor zehn oder 20 Jahren wünschen. Das spricht dafür, dass zum Beispiel in einem typischen Architekturbüro auch die 50-jährigen jetzt weniger arbeiten wollen als die 50-jährigen früher.“

Hinzu kommt die recht banale Feststellung, dass Menschen bei geringer Arbeitslosenquote und Fachkräftemangel schlichtweg am längeren Hebel sitzen und fordernder auftreten können. Somit könnte man sich vorstellen, dass auch vorherige Generationen in ihrer Jugend mit anderen Anspruchshaltungen ins Arbeitsleben eingestiegen wären, wenn der Arbeitsmarkt es erlaubt hätte. Das wäre auch ein eher verbindender statt spaltender Gedanke.

Generationalismus

Ein Grund, warum wir Generationen so gerne unterscheiden, ist, dass wir es lieben, in Schubladen zu denken. Doch die Labels, mit denen man sich und andere Gruppen zuordnet, führen in der Regel, wie auch bei anderen Gruppenzuschreibungen, zu einer Abwertung. „Dieser Generationalismus aufgrund angeborener Gruppenmerkmale ist eigentlich auch nicht besser als Sexismus oder Rassismus“, meint Schröder. Eine damit zusammenhängende Erklärung für die Beliebtheit des Begriffs liefert Ulrike Jureit: „‚Generation‘ war und ist immer dann besonders gefragt, wenn andere Ordnungsmuster wie beispielsweise ‚Nation‘ nicht zur Verfügung stehen, ihre Bindungskraft eingebüßt haben oder als belastet gelten.“(16) Wenn also andere Gruppenzuschreibungen gesellschaftlich weniger angesehen sind, bietet sich die „Generation“ womöglich als gute Ausweichkategorie an.

In der Soziologie hat der Generationenbegriff natürlich weiterhin seine Berechtigung, denn auch wenn wir ihn falsch verwenden, bleibt der Fakt seiner Verwendung und der Glaube an ihn ein gesellschaftliches Phänomen, das sich wiederum beschreiben und analysieren lässt. „Nicht nur, weil Menschen sich als Generationsangehörige empfinden, sind ‚Generationen‘ soziale Tatsachen, sondern weil der Generationenbegriff dazu genutzt wird, moderne Erfahrungen gesellschaftlichen Wandels zu deuten und zu strukturieren.“(17), so Ulrike Jureit.

Dass die heute Jüngeren den schlichten Vorteil haben, dass sie die Älteren überleben werden, scheint sich angesichts der Klimakatastrophe gewendet zu haben. Wer länger lebt, wird wahrscheinlich noch mehr von den bevorstehenden Verheerungen mitbekommen. Abb.: Weronika Gęsicka, Untitled #12, aus der „Holiday“-Serie

Der Begriff hat auch insofern weiterhin eine Berechtigung, als man ihn lediglich auf Alterskohorten beziehen kann. In diesem Verständnis ist er sogar noch aktueller geworden, denn einerseits durch den demographischen Wandel (und die Frage, wer wessen Rente bezahlen wird) und den Klimawandel andererseits, ist das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis der Altersgruppen in den letzten Jahren wieder deutlicher hervorgetreten. Dass die heute Jüngeren den schlichten Vorteil haben, dass sie die Älteren überleben werden, scheint sich angesichts der Klimakatastrophe gewendet zu haben. Wer länger lebt, wird wahrscheinlich noch mehr von den bevorstehenden Verheerungen mitbekommen. Hinzu tritt das statistische Ungleichgewicht, dass ältere Jahrgänge den darauffolgenden zahlenmäßig überlegen sind. Sie haben bei Wahlen also die Macht, die Weichen für eine Zukunft zu stellen, die sie gar nicht oder weniger lange betreffen wird. Es wundert nicht, dass sich radikale Klimaaktivisten auf den Generationenbegriff berufen.

Der Journalist Sascha Lobo hat diesen Konflikt in einem 2020 erschienenen Artikel zwar – dem gängigen Muster nach – wieder als „Generationenkonflikt“ bezeichnet. Die Problembeschreibung ist dennoch hilfreich: „Vordergründig ist es leicht, den Kampf (…) als Generationenkonflikt zu begreifen, und ganz falsch mag das nicht sein. Aber die Grenzen sind viel stärker verwischt. Es sind ja nicht nur die Alten, es sind ja auch und manchmal vor allen anderen die Mittelalten, die heute vielleicht zwischen 35 und 55 Jahre alt sind. Es handelt sich um eine Alterskohorte, die bei ihrem persönlichen Fortkommen oft viel Zeit und Arbeit investiert hat in gesellschaftliche Strukturen, die sich gerade verwandeln, verschieben oder untergehen.“(18) Damit ist man wieder bei dem oben genannten Alterseffekt, den man sich hin und wieder ins Bewusstsein rufen sollte, auch in Bezug auf sich selbst. Denn wie groß das Bedürfnis nach Sicherheit, nach Kontinuität, oder auch die Bereitschaft für Veränderung und Neuerung ist, hat zum einen – zumindest in der Tendenz – mit dem Alter zu tun, vor allem aber damit, an welchem Punkt man gerade im Leben steht: Hat man viel zu verlieren oder wenig? Ist man noch in der Ausbildung, auf der Suche oder hat man einen festen Job, ein gutes Gehalt, Kinder, sitzt man fest im Sattel des Lebens?

Sich selbst mit dieser Distanz zu betrachten, könnte die vermeintliche Differenz zwischen den Generationen ein wenig mindern, insbesondere, wenn man diesen Gedanken noch weiterführt: Würde ich, wäre ich heute jünger, womöglich anders denken und handeln? Oder andersrum: Würde ich heute, wäre ich älter und in einer anderen Lebensphase, die Dinge vielleicht anders sehen? Zugleich müssen wir verstehen, dass Menschen nicht statisch sind, dass sie das Potential haben, sich ein Leben lang zu entwickeln und zu verändern.(19) Mit festen Schubladen und Labels kann man ihnen nur Unrecht tun.

Elina Potratz studierte Kunst- und Bildgeschichte in Leipzig und Berlin. Seit 2016 ist sie tätig in der Redaktion dieser Zeitschrift, seit 2021 als Chefredakteurin.

Fußnoten

1 Maas, Rüdiger: Generation lebensunfähig. Wie unsere Kinder um ihre Zukunft gebracht werden. München 2021.

2 Ebd., S. 9.

3 https://www.generation-thinking.de/keynote-genz-genalpha-workshops (abgerufen am 8.9.2023).

4 Prüfer, Tillmann: Die beste Generation aller Zeiten. In: ZEITmagazin Nr. 35 / 2023, 17.8.2023.

5 Mannheim, Karl: Das Problem der Generationen. In: Kölner Vierteljahreshefte für Soziologie 7 (1928), S. 157 – 185, S. 309 – 330.

6 Jureit, Ulrike: Generation, Generationalität, Generationenforschung. Version 2.0. In: Docupedia-Zeitgeschichte, 3. August 2017.

7 Schröder, Martin: Der Generationenmythos. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 70 (2018), S. 469 – 494.

8 Ebd., S. 472.

9 Albert, Mathias / Hurrelmann, Klaus, / Quenzel, Gudrun / Tns-Infratest und Shell (Hrsg.): Jugend 2015: eine pragmatische Generation im Aufbruch. Shell-Jugendstudie. Frankfurt a. M. 2015, S. 34, zitiert nach Schröder 2018, S. 473.

10 Mangelsdorf, Martina: Generation Y. Offenbach 2014, S. 23, zitiert nach Schröder 2018, S. 473.

11 Schröder 2018, S. 469.

12 Ebd., S. 489.

13 Dazu weiterführend: Rudolph, Cort W. / Rauvola, Rachel S. / Costanza, David P. / Zacher, Hannes: Generations and Generational Differences: Debunking. Myths in Organizational Science and Practice and Paving New Paths Forward. In: Journal of Business and Psychology 36 (2021), S. 945 – 967.

14 Rudolph, Cort W. / Zacher, Hannes: Generations, We Hardly Knew Ye: An Obituary. In: Group & Organization Management 47, 5 / 2022, S. 928 – 935.

15 Ebd., S. 931.

16 Jureit 2017.

17 Ebenda.

18 Lobo, Sascha: Die zornigen Zwanziger, Spiegel Online, 1.1.2020: https://www.spiegel.de/netzwelt/web/die-zornigen-zwanzigerjahre-progressive-gegen-konservative-a-1303282.html (abgerufen am 24.9.2023)

19 Dazu weiterführend das Kapitel „The Lifespan Development Perspective“, in: Rudolph et Al. 2021, S. 957 – 959.

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