Eine strenge Heiterkeit
Gesucht wird wieder ein Bauwerk, das eine besondere Rolle in der Architekturgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielt oder gespielt hat – sei es durch eine besondere Eigenschaft, eine ungewöhnliche Geschichte oder eine spezifische Merkwürdigkeit. Lösungsvorschläge können per E-Mail (redaktion[at]die-architekt.net) eingereicht werden. Zu gewinnen gibt es das Buch „Form Follows Love. Intuitiv bauen – von Bangladesch bis Europa und darüber hinaus“ (Birkhäuser), signiert von der Autorin Anna Heringer. Einsendeschluss ist der 29. Januar 2024.
400 Jahre vor der Errichtung des diesmaligen Tatorts widmete sich ein ortsansässiger Krämer der zeichnerischen Darstellung dieser „hochloblichen und weitberumten alten See- und Hensestadt“. Ohne Auftraggeber, sondern aus eigener Initiative und persönlichem Interesse schuf er eine monumentale 19 Meter lange Stadtansicht als kolorierte Federzeichnung. Neben den markanten öffentlichen Gebäuden und der Abbildung des Stadtlebens, sind lange Reihen backsteinerner Giebelhäuser ein prägendes Element der Darstellung. Die folgenden Jahrhunderte haben das Stadtbild zwar in vielen Teilen gewandelt, doch ein gewisser Einfluss geht nach wie vor von diesen Häusern aus und zeigt sich auch im Tatort.
Als Schließung einer Kriegslücke befindet er sich an exponierter Stelle im Umfeld der ältesten Universität des Ostseeraums, am heutigen „Universitätsplatz“ – vor 400 Jahren bereits als „Hopfenmarkt“ bekannt – und gegenüber vom „Brunnen der Lebensfreude“ – im Volksmund auch als „Porno-Brunnen“ bezeichnet. Passend zum Universitätsmotto „Traditio et Innovatio“, war das Ziel der Planenden, mit diesem Wohn- und Gewerbebau ein stadthistorisches Zeugnis in Besinnung auf den geschichtsträchtigen Ort sowie als Ausdruck der eigenen Zeit zu schaffen. Dass es gerade in dieser Zeit schwierige wirtschaftliche Bedingungen und strenge Verpflichtungen zum industriellen Bauen gab, erschwerte diese Absicht. So schrieb damals ein federführender Architekt neben seine Planzeichnungen: „Strenge, Ordnung und Disziplin habe ich mir auferlegt. Heiterkeit und Selbstverständlichkeit unserer Zeit, aber auch Energie, soll die Architektur in sich bergen. Das alles wollen wir in Platte realisieren.“
Im Ergebnis entstand in enger, kollektiver Zusammenarbeit von Architektinnen, Ingenieuren, Künstlerinnen und Handwerkern ein markant geformter Gebäudekomplex, der – im Kern als Plattenbau – mit detailreichem Fassadenschmuck sowie Innenausbau versehen ist. Nicht zuletzt der integrierte Figurenumlauf sowie ein von Hand zu spielendes Glockenspiel mit 32 Bronzeglocken zeugen, nach umfassender Sanierung durch eine stadteigene Wohnungsgesellschaft, noch immer vom besonderen Gestaltungswillen der damaligen Zeit. Seit 2022 steht dieser Tatort unter Denkmalschutz. Wir wollen nun wissen: Wie war der Name des projektleitenden Architekten im Planungskollektiv, wie heißt und wo steht das Gebäude und wann wurde es errichtet?
Christian Juhlke
Der Tatort aus Heft 5 / 2024 ist das Schmela-Haus in Düsseldorf, das vom niederländischen Architekten Aldo van Eyck (1918 – 1999) entworfen und 1971 eröffnet wurde. Die Gestaltung und Materialität des Gebäudes wich damals stark von den seinerzeit üblichen White-Cube-Ausstellungsräumen ab. Gewinner des Buchpreises „jetzt: die Architektur!“ ist Christian Schmitz.