Dauerschleife
Bis zum 18. Februar ist im Kunstmuseum Wolfsburg die Ausstellung „Never Ending Stories. Der Loop in Kunst, Film, Architektur, Musik, Literatur und Kulturgeschichte“ zu sehen. Der Endlosschleife wird damit erstmalig eine umfassende Schau gewidmet, die sich auch für Architekturinteressierte lohnt.
Schon der Beginn der Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg verspricht einen unterhaltsamen und mitunter humorvollen Blick auf das ästhetische Phänomen des Loops: Auf einer Stellwand grinsen den Besucher Dutzende von schlanken Damen im Bikini vom Cover der Frauenzeitschrift „Brigitte“ entgegen und verkünden die neue Diät-Strategie. Es handelt sich bei den Titelbildern jeweils um die Februarausgabe der Hefte von 2011 bis 2017 – jährlich grüßt die Brigitte-Diät. Im Zentrum der Bildflächen flackert auf einem Monitor ein ewiges Kaminfeuer. Der Humor ist ein wesentlicher Aspekt der Ausstellung, der dabei vermutlich in der Natur der Endlosschleife begründet liegt: die ständige Wiederholung fördert oftmals eine Absurdität zutage, die ansonsten unerkannt bliebe. Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht etwa die Videoinstallation von Max Grau „'(…) craving for narrative‘ lässt sich einfach nicht gut übersetzen“ von 2015, in der das Bedürfnis nach dem biographischen Rückblick in einer geloopten Szene aus „Grease“ und einer nicht enden wollenden Internetrecherche verdichtet wird, unterlegt mit trashigen Versionen von „You’re the one that I want“.
Jedoch ist die Schau nicht als oberflächliche Abhandlung des Loops als rein formale Erscheinung zu sehen, sondern bietet einen weitreichenden Blick vom antiken Motiv der sich in den Schwanz beißenden Schlange über inhaltliche Schwenks auf Motive von Traum und Trauma bis hin zur Musik der siebziger und achtziger Jahre. Letzteren begegnet man etwa in Form der hypnotischen Klänge des Songs „I Feel Love“ von Donna Summer und Giorgio Moroder im Spiegelsaal, einer der architektonischen Entsprechungen des Loops. Unbedingt empfehlenswert sind die Rauminstallation von Gregor Schneider, in der der Eintretende sich in einem alptraumartigen Dejà-vu-Szenario mit Duschkabinen wiederfindet und die Spiegelkammer von Yayoi Kusama, die den Besucher in eine berückende Weltraum-Kulisse bunter Lichtkugeln versetzt. Die inhaltlich, formal und zeitlich weit ausgreifende, interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem Motiv der Endlosschleife ist dem Kunstmuseum – mit der alle Sinne anregenden Ausstellung und dem grandiosen Begleit-Katalog – auf bemerkenswerte Weise gelungen.
Elina Potratz
Never Ending Stories – Der Loop in Kunst, Film, Architektur, Musik, Literatur und Kulturgeschichte
Ausstellung: bis 18. Februar 2018
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr
Kunstmuseum Wolfsburg
Hollerplatz 1
38440 Wolfsburg
- Yayoi Kusama INFINITY MIRRORED ROOM – THE SOULS OF MILLIONS OF LIGHT YEARS AWAY 2013 Metall, Glas, Spiegel, Kunststoff, Acryl, Holz, Gummi, LED Lichtsystem, Acrylbälle, Wasser 287,7 x 415,3 x 415,3 cm Sammlung HGN © Yayoi Kusama. Courtesy of David Zwirner, New York; Ota Fine Arts, Tokyo / Singapore; Victoria Miro, London; YAYOI KUSAMA Inc.
- Douglas Gordon UNTITLED (I AM NOT SURE THIS IS WORKING) 1997/2007 Telefon, Folienschrift, Ton, Sockel Courtesy the artist © Studio lost but found / VG Bild-Kunst, Bonn 2017 Foto: Matthias Langer
- Bruce Nauman DOUBLE POKE IN THE EYE II 1985 Neonröhren auf Aluminiumkasten 61 x 91 x 25 cm Ed. 7/40 + 8 AP © Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof, Berlin © VG Bild-Kunst, Bonn 2017 Foto: Stefan Altenburger, Zürich
- Ragnar Kjartansson GOD 2007 1-Kanal-Videoinstallation, pinkfarbene Vorhänge, Farbe, Ton, 30:00 min, Musik von Ragnar Kjartansson und Davíð Þór Jónsson Courtesy of the artist and i8 Gallery, Commissioned by Thyssen- Bornemisza Art © Courtesy of the artist, i8 Gallery and Luhring Augustine Gallery Foto: Rafael Pinho
- Gregor Schneider BAD 2014 21 Räume: Faserplatten auf Holzkonstruktion, 1 Leuchte, 2 Türen, 1 Duschkabine, 1 Spiegel, graue Fliesen auf dem Boden, weiße Decke, weiße und cremefarbene Wände, je 220 x 330,6 x 266,4 cm, Sammlung des Künstlers © Gregor Schneider
- Maurits Cornelis Fischer ZEICHNEN 1948 Lithografie [Reproduktion] 28,2 x 33,2 cm Sammlung Gemeentemuseum Den Haag © 2017 The M.C. Escher Company-The Netherlands. All rights reserved
- Marcel Duchamp ROTORELIEFS 1935 / 1960-er Jahre /1960s Offsetdruck auf Papier, 6 Kartonscheiben, Durchmesser je 20 cm Sprengel Museum Hannover Dauerleihgabe Carl Fredrik Reuterswärd Foundation © Association Marcel Duchamp / VG Bild-Kunst, Bonn 2017
- Salvador Dalí AUTUMNAL CANNIBALISM 1936 Öl auf Leinwand [Projektion] Bild: 65,1 x 65,1 cm Tate, London, Purchased 1975 © Salvador Dalí, Fundació Gala-Salvador Dalí / VG Bild-Kunst, Bonn 2017 © Tate, London 2017
- Ackermann (Hersteller/Manufacturer) DÄMON − BILDSCHEIBE FÜR JOSEPH PLATEAUS PHENAKISTISKOP ca. 1833 London Karton, Durchmesser 24,5 cm Sammlung Werner Nekes © Werner Nekes Foto: Sammlung Nekes: Helmut Buchen und Anna Wagner (Rheinisches Bildarchiv Köln), Werner Nekes, Heiner Schmitz
- Bridget Riley BLAZE 4 1964 Emulsion auf Hartfaserplatte 94,6 x 94,6 cm Privatbesitz der Künstlerin © Bridget Riley. All rights reserved
- Max Beckmann CAFÉ-INTERIEUR MIT SPIELSPIEGEL 1949 Öl auf Leinwand, 61 x 46 cm Privatsammlung © VG Bild-Kunst, Bonn 2017 Foto: Ursula Edelmann
- Anonymous AURORA CONSURGENS (DETAIL) 15. Jh. / 15th century Pergamenthandschrift in rot gefärbtem Ledereinband mit Blindstempelverzierungen 20,4 x 13,9 cm © Zentralbibliothek Zürich
- Marina Abramović / Ulay BREATHING IN, BREATHING OUT 1977 1-Kanal-Video, S/W, Ton, 10:49 min (Ausschnitt im Loop) LIMA – preserves, distributes and researches media art © LIMA, Amsterdam / VG Bild-Kunst, Bonn 2017 Ackermann
- Matthaeus Merian der Ältere / the Elder DIß IST DER DRACHE, WELCHER SEIN EIGENEN SCHWANZ AUFFFRIßT (DETAIL) 1618 in: Michael Maier, Atalanta Fugiens, Oppenheim: Johann Theodor de Bry Kupferstich 20 x 15 x 5 cm © Staatsbibliothek zu Berlin—Preußischer Kulturbesitz, Abteilung Historische Drucke, Nv 7886 (R) Robert
- Roland Topor LEONARDO HAT’S GEWUSST 1986 Siebdruck, 59,5 x 42 cm Kunstmuseum Wolfsburg, Schenkung der Akademie der Künste Berlin © Akademie der Künste, Berlin, Freie Volksbühne Berlin 749, Nicolas Topor, Kunstmuseum Wolfsburg Foto: Marek Kruszewski
- Rodney Graham CITY SELF / COUNTRY SELF 2000 35 mm-Film auf DVD übertragen, Farbe, Ton, 04:00 min (Loop) Courtesy of the artist and Lisson Gallery © Rodney Graham; Courtesy Lisson Gallery Rodney
- Rodney Graham CITY SELF / COUNTRY SELF 2000 35 mm-Film auf DVD übertragen, Farbe, Ton, 04:00 min (Loop) Courtesy of the artist and Lisson Gallery © Rodney Graham; Courtesy Lisson Gallery Rodney
- Robert Müller LA VEUVE DU COUREUR 1957 Eisen, Elfenbein, Regenschirmgriff 130 x 70 x 40 cm Aargauer Kunsthaus Aarau Depositum der Walter A. Bechtler-Stiftung, Aarau © Aargauer Kunsthaus Aarau © VG Bild-Kunst, Bonn 2017 Foto: Jörg Müller
- Markus Raetz SINNE I 1987 Zuckeraussprengtechnik und Aquatinta in zwei Farben auf Richard-de- Bas, Bütten handgeschöpft Edition Nr. 10/17 51,5 x 65,8 cm Monika & Markus Raetz © VG Bild-Kunst, Bonn 2017