Information des BDA zur Novelle der Vergabeverordnung

Chance zum Neustart?

Am 18. April tritt die Vergabeverordnung (VgV) in Kraft und löst damit die Regelungen zur Vergabe öffentlicher Planungsleistungen ab – die bisherige VOF verliert ihre Gültigkeit. Die Grundlage dafür hat der Bundestag mit der Verabschiedung der Vergabeverordnung geschaffen, der Bundesrat hat am 18. März abschließend und positiv darüber entschieden. Heiner Farwick, Präsident des Bundes Deutscher Architekten BDA, nimmt diesen Zwischenstand im politischen Entscheidungsverfahren zum Anlass, um über zentrale Aspekte der Vergabeverordnung zu informieren.

Genereller Aufbau der Vergabeverordnung (VgV)

Die VgV wird die gesamte öffentliche Beschaffung oberhalb des EU-Schwellenwerts von derzeit 209.000,– Euro netto regeln und die bisherige VOL/B und VOF integrieren. Lediglich die VOB/A wird als separate Vergabeordnung fortbestehen.

Die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen wird in einem eigenständigen Abschnitt der VgV behandelt: Abschnitt 6 „Besondere Vorschriften für die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen“.

Allgemeine Einschätzung

Zur Novelle der Vergabeverordnung hat der BDA bereits im Sommer vergangenen Jahres zum BDA-Tag klare Positionen für eine faire, transparente und an der Qualität der Leistung orientierte Vergabe formuliert. Kernforderung dabei war die Etablierung des offenen Planungswettbewerbs als Regelverfahren. In einer Vielzahl von politischen Gesprächen hat der BDA gemeinsam mit der Bundesarchitektenkammer, den Verbänden und der Wettbewerbsinitiative, also der gesamten Architektenschaft, diese Forderungen gegenüber Bundeswirtschaftsministerium und  Bundesbauministerium vertreten.

Der Gesetzgeber hat in diversen Abstimmungsrunden einen Großteil der Forderungen in das laufende Gesetzgebungsverfahren aufgenommen. Erst in der abschließenden Fassung für das Bundeskabinett wurde der wettbewerbsorientierte Charakter der Vergabeverordnung abgeschwächt. Trotz nochmaliger geschlossener Positionierung der Architektenschaft gegenüber dem Gesetzgeber wurde der abgeschwächte Stand der Vergabeordnung vom Bundestag verabschiedet. Erreicht wurden Teilaspekte wie die Stärkung des Planungswettbewerbs und das reduzierte Anspruchsniveau an Referenzen. Die Relevanz dieser Forderungen und damit die Gleichbehandlung kleiner und junger Büros erkennt der Gesetzgeber in seiner Begründung zur Vergabeverordnung an. Allerdings spiegelt sich im Gesetzesteil der Vergabeverordnung das Ansinnen der Bundesregierung wider, die Handlungsspielräume der öffentlichen Auftraggeber bei der Beauftragung zu erhalten. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die neue Vergabeverordnung klarer und präziser als die bisherige VOF die Vergabeverfahren regelt, jedoch eine offene und faire Vergabe nicht systematisch verankert ist.

Entscheidend wird sein, wie die Vergabeverordnung von den öffentlichen Auftraggebern angewendet wird. Der BDA wird in einem Handlungsleitfaden dezidiert argumentieren und dafür werben, dass öffentliche Auftraggeber ihre zugestandenen Handlungsspielräume für einen Neustart der Vergabepolitik nutzen.

Detaillierte Einschätzung zu wesentlichen Punkten der Vergabeverordnung

Schätzung des Auftragswerts

Die Schätzung des Auftragswerts, also die Berechnung, ob der Auftrag über dem Schwellenwert für eine öffentliche Vergabe liegt, erfolgt wie bisher getrennt nach den verschiedenen Fachdisziplinen.

Formen der Vergabeverfahren

Die Vergabeverordnung sieht zwei gleichberechtigte Vergabeverfahren vor: einerseits das aus der VOF bekannte Verhandlungsverfahren, dem ein – und dies ist die dringende Empfehlung der VgV – Planungswettbewerb vorzuschalten ist. Als neues Verfahren wurde der wettbewerbliche Dialog aufgenommen, der bisher zur Vergabe von Infrastrukturprojekten diente. Für Architektenleistungen ist der wettbewerbliche Dialog zu komplex und zeitaufwendig. Geeignet kann das Verfahren für ausgewählte städtebauliche Fragestellungen sein, bei denen Lösungen in mehreren Stufen zu entwickeln sind.

Planungswettbewerb

Der Planungswettbewerb, eingebettet in das Verhandlungsverfahren, erfährt eine Stärkung in der VgV. Zwar konnte die geforderte Verankerung als Regelverfahren nicht erreicht werden, doch stellt der Gesetzgeber klar heraus, dass Planungswettbewerbe die Wahl der besten Lösung der Planungsaufgabe gewährleisten und ein geeignetes Instrument für Planungsqualität sowie zur Förderung der Baukultur sind. Konkret wird geregelt, dass der öffentliche Auftraggeber bei Aufgabenstellungen im Hoch-, Städte- und Brückenbau sowie in der Landschafts- und Freiraumplanung zu prüfen hat, ob ein Planungswettbewerb durchgeführt werden soll und dass die Entscheidung darüber zu dokumentieren ist.

Chancengleichheit

Für einen gleichberechtigten Zugang kleiner und junger Büros zu den Vergabeverfahren konnten einige Verbesserungen erzielt werden, doch bleibt die VgV insgesamt hinter dem in der EU geltenden Verständnis eines freien Marktzugangs zurück. Eine Umsetzung dieses zentralen Anliegens der Architektenschaft konnte im Gesetzgebungsverfahren nicht erreicht werden.

Mit der VgV wird klar geregelt, dass die Abfrage von mit der Bauaufgabe identischen Referenzprojekten nicht mehr zulässig ist. Die Eignung wird sich nun qualitativ am Leistungsbild der Honorarzonen der HOAI orientieren.

Referenzen dürfen nach der VgV weiterhin höchstens drei Jahre alt sein. Dies ist nicht in Abschnitt 6 der VgV geregelt, sondern in Unterabschnitt 5 der VgV § 46 (3) Ziff. 1, der die Anforderungen an Unternehmen und deren Eignung für alle Liefer- und Dienstleistungen regelt. Die deutlichen Hinweise der Architektenschaft auf einen im Bauwesen viel zu kurzen Referenzzeitraum wurden im Verordnungstext nicht aufgenommen. Allerdings besteht die Option für den Auslober, Referenzen über einen längeren Zeitraum zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber empfiehlt in seiner Begründung dies insbesondere bei der Vergabe von Architektenleistungen.

Geregelt wird, dass Eignungskriterien bei „geeigneten Aufgabenstellungen so zu wählen sind, dass kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger sich beteiligen können“. Enttäuschend ist, dass der freie Marktzugang für die junge Architektengeneration somit nur sehr eingeschränkt in der VgV erreicht wird. In der Begründung erkennt der Gesetzgeber die Brisanz der bisherigen rigiden Vergabepolitik für junge und kleine Büros an und kritisiert deren zwangsläufigen Ausschluss von Vergabeverfahren.

In der neuen Vergabeverordnung konnten zwar einige Verbesserungen erreicht werden, aber nicht in dem Umfang, wie wir es im Sinne einer guten Vergabekultur für erforderlich halten. Die vom Gesetzgeber eröffneten Ansätze für eine faire und qualitätsorientierte Vergabe wird der BDA in einem Handlungsleitfaden praxistauglich ausgestalten.

Heiner Farwick

Dipl. Ing. Heiner Farwick (*1961) studierte Architektur und Städtebau an der Universität Dortmund. Von 1990 bis 1991 arbeitete er im Architekturbüro Hans Busso von Busse (München). 1992 erfolgte die Gründung des Büros farwick + grote architekten und stadtplaner, Ahaus / Dortmund. 1996 wurde Heiner Farwick in den BDA berufen. Von 2007 bis 2009 war er kooptiertes Mitglied im BDA-Präsidium, ab 2009 Präsidiumsmitglied und seit Dezember 2013 ist Heiner Farwick  Präsident des BDA.

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