tatort

Der Maiskolben

Wir suchen erneut ein Bauwerk, das eine besondere Rolle in der Nachkriegs-Architekturgeschichte spielt oder gespielt hat – sei es durch eine besondere Eigenschaft, eine ungewöhnliche Geschichte oder eine spezifische Merkwürdigkeit. Lösungsvorschläge können per Post, Fax oder E-Mail an die Redaktion gesandt werden. Unter den Einsendern der richtigen Antwort verlosen wir 5 x 2 Freitickets für die Ausstellung „Otto Bartning (1883–1959). Architekt einer sozialen Moderne“ und den Katalog zur Ausstellung. Einsendeschluss ist der 15. Mai 2017.

Der gesuchte tatort ist eines der zehn höchsten Gebäude eines südlichen Bundeslandes. Sein Standort liegt direkt neben einem Kongresszentrum, dessen Bedarf es ursprünglich decken sollte. Ein einheimischer, heimatstolzer und cleverer „Baulöwe“ ließ sich als einziger Geldgeber auf eine Finanzierung ein – ihm schwebte „ein Wahrzeichen“ für seine „neuzeitliche“ Heimatstadt vor. Der Mann beauftragte zwei Architekten mit der Planung eines Hochhauses mit 400 Betten, das zur Eröffnung einer internationalen Sportveranstaltung in der Nähe fertig werden sollte. Der Entwurf, der in einer ähnlichen, wenige Jahre früher fertiggestellten Anlage in Chicago seinen Vorläufer zu haben scheint,  sah zunächst ein 40 Meter hohes Hochhaus vor. Der Investor, der ursprünglich mit Landmaschinen handelte, aber schon damals als „König von Schwabylon“ und Besitzer der Disco „Yellow Submarine“ bekannt war, bestand auf einer Höhe von 115 Metern, damit über dem elfstöckigen Hotel weitere vermietbare Appartementetagen errichtet werden konnten.

Erhebliche Bevölkerungsproteste, die sich wegen des Hochhauses und seines unpassenden Standorts erhoben, fruchteten nichts: Pünktlich wurde der achteckige Erschließungskern in Ortbeton errichtet, während alle Decken- und Balkonelemente für die blütenblattähnlichen Grundrisse der jeweils 18 Raumkompartimente in jeder Etage direkt neben der Baustelle in einem eigens errichteten Fertigteilwerk hergestellt wurden.
Die späteren Jahre sind nach finanziellen Engpässen des Investors von mehreren Besitzerwechseln gekennzeichnet, die mit immer weiter differenzierten Nutzungskonzepten für die ungewöhnlichen Raumfolgen verbunden waren: Man erwog die vollständige Aufteilung in Appartements, die Nutzung als Asylbewerber- oder Altenheim oder den Umbau zum Automatenhotel. Zeitweise wurden Wohnungen für das Betreute Wohnen von Jugendlichen verwendet.

Im Jahr 2000 investierte ein neuer Besitzer 70 Millionen D-Mark in die Sanierung der Hoteletagen – ungefähr das Doppelte der ursprünglichen Baukosten. Seit 2001 dienen wie vordem elf Geschosse mit 184 Zimmern und 315 Betten einer Hotelkette, weitere Geschosse des Turms nutzen die Klassikabteilung einer Rundfunkgesellschaft und eine Bank, mehr als 200 Appartements sind in Privatbesitz oder vermietet. Der Ausblick von den Blütenspitzen-Balkons auf die alte Stadt in der Ebene ist immer noch atemberaubend. Wo befindet sich der tatort, wie heißt er, wer hat ihn wann entworfen und wie hieß sein Investor?

Der „tatort“ der Ausgabe 1/17 war das Universitätsklinikum in Aachen, das die Aachener Architekten Weber, Brand & Partner in Zusammenarbeit mit Benno Schachner seit 1971 entworfen haben und das 1985 eingeweiht wurde. Der Gewinner des Buchpreises ist Kurt Hesse aus Düsseldorf.

Foto: Andreas Denk

Foto: Andreas Denk

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