Grenzübergreifend
Friedrich Kiesler (1890-1965) war bislang nicht unbedingt einer der ersten Namen, die einem im Kontext von Avantgarde-Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einfielen. Dennoch muss der österreichisch-amerikanische Architekt, Bühnenbildner, Designer, Künstler und Theoretiker als eine bemerkenswerte Figur im Netzwerk von Protagonisten der Moderne in Deutschland und – nach seiner Emigration nach New York 1926 – den USA angesehen werden. Nach der letzten großen Ausstellung zu Kiesler vergangenes Jahr im Museum für angewandte Kunst in Wien widmet nur der Berliner Martin Gropius Bau dem Universalkünstler eine umfangreiche Schau. Damit soll „das vielschichtige Œuvre in all seinen Facetten erstmals auch in Deutschland vorgestellt“ werden, so der Ankündigungstext.
Ähnlich wie der weitaus bekanntere László Moholy-Nagy zeichnet sich Kiesler durch seine vielseitigen Begabungen und seinen die Grenzen der Kunstgattungen übergreifenden Ansatz aus. Sowohl in Deutschland als auch in den USA schuf er Bühnen- und Ausstellungsgestaltungen, lieferte Entwürfe für Lampen und Möbel, verfasste visionäre Beiträge zur Designtheorie und entwickelte mit den Modellen des Woodstock Theaters (1929) und des Universal Theaters (1959-1962) „zwei Prototypen multifunktionaler Kulturspielstätten“. Als Architekt konnte Kiesler jedoch neben einigen temporären Ausstellungs-Architekturen nur ein einziges Gebäude (in Zusammenarbeit mit Armand Bartos) realisieren: der 1965 eröffnete „Shrine of the Book“ in Jerusalem beherbergt antike Schriftrollen des Alten Testaments, und zeichnet sich durch einen zwiebelkuppelartigen weißen Baukörper aus. Ziel der Ausstellung im Martin-Gropius-Bau sei es „anhand zentraler Projekte, wichtiger Künstlerfreundschaften und Gemeinschaftsarbeiten (…) seine Bedeutung für die Architektur- und Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts“ aufzuzeigen.
elp
Friedrich Kiesler: Architekt, Künstler, Visionär
Ausstellung: 11. März bis 11. Juni
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstraße 7
10963 Berlin
Fotos: Archiv/Dan Lundberg