Neu im Club: Jan Keinath und Fabian Onneken, KO / OK Architektur

Ein Gefühl für den Raum vermitteln

Für das Interview mit Fabian Onneken und Jan Keinath von KO / OK Architektur musste zunächst entschieden werden, an welchem der zwei Standorte – Leipzig oder Stuttgart – das Treffen stattfindet. Die Wahl fiel schließlich auf das Leipziger Büro, das sich in einem ehemaligen Gewerbebau im einstigen Industriestadtteil Plagwitz befindet. Die Räume atmen hier noch jene charmante Atmosphäre des Unfertigen und Nutzungsoffenen, die Leipzig in den letzten Jahrzehnten so attraktiv gemacht, jedoch durch die rasende Entwicklung der vergangenen Jahre womöglich wieder etwas eingebüßt hat.

Elina Potratz: Sie nennen sich KO / OK Architektur – „K.O.O.K“ ist auch ein Album der Band Tocotronic. Hat das etwas miteinander zu tun? Woher kommt der Name?

Fabian Onneken, Jan Keinath, Foto: Jens Gerber

Fabian Onneken: Unserem Namen kann man sich unterschiedlich annähern. Zum einen wollten wir einen Büronamen, der eine gewisse Neutralität vermittelt, da wir Architektur als Teamsport betreiben – daher auch „Architektur“ und nicht „Architekten“. Eine andere Gründungsgeschichte ist, dass wir damals zusammen unsere Master-Thesis gemacht haben und von den Betreuern einerseits extrem gutes und andererseits katastrophales Feedback bekommen haben, es schwankte also zwischen K.O. und O.K. Aber ich habe auch viel Tocotronic gehört, das gehört auch irgendwie ein bisschen dazu (lacht).
Jan Keinath: Mit K.O. und O.K. kann man auch ganz gut den Arbeitsalltag als Architekturschaffender beschreiben: Es gibt immer diese Extreme – es ist entweder total anstrengend und doof oder man ist völlig euphorisiert. Und zuletzt ist der Name natürlich ein Spiel mit den Initialen unserer Nachnamen.

Jan Keinath, Sie arbeiten in Stuttgart, Fabian Onneken, Sie in Leipzig. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verteilen Sie auf die zwei Standorte. Ist es als junges Büro nicht extrem schwierig, an unterschiedlichen Orten zu arbeiten? Und wie kam es überhaupt dazu?
JK: Nach unserem Studium in Weimar gab es zunächst noch keinen Plan für eine gemeinsame Bürogründung. So haben wir uns in unterschiedlichen Städten niedergelassen, haben dort jeweils unsere Partnerinnen und unsere sozialen Umfelder. Nach einiger Zeit haben wir entschieden, dass wir Lust hätten, uns zusammenzutun, da wir sehr gut und gerne zusammenarbeiten. Es war uns dabei von Anfang an klar, dass wir dafür die zwei Standorte einfach in Kauf
nehmen müssen.
FO: Interessanterweise hatte man selbst bei der Büroberatung der Architektenkammer Baden-Württemberg keine Bedenken, da wir in zwei regionalen Gewässern fischen können. Zudem sehen wir es als Bereicherung, dass wir uns in unterschiedlichen Umfeldern bewegen.

Wie gestaltet sich diese Arbeits-„Fernbeziehung“ in der Praxis?
JK: Wir stehen die ganze Zeit in unfassbar engem Kontakt, telefonieren ständig. Dabei verstehen wir uns relativ blind – unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden es schon manchmal etwas seltsam, dass wir unabhängig voneinander die gleichen Dinge sagen.
FO: Vor Corona haben wir uns zudem mindestens einmal im Monat gesehen. Seit der Pandemie und seitdem unsere jüngsten Kinder geboren wurden, geht das deutlich schwieriger und wir nehmen uns immer vor, das wieder zu intensivieren.

KO/OK Architektur BDA, Sportgebäude mit Kegelbahn, Wülknitz (Sachsen) 2016–2018, Foto: Simon Menges

Sie haben viel Anerkennung für Ihre Kegelbahn in Wülknitz bekommen, erst kürzlich eine Anerkennung beim Deutschen Architekturpreis. Damit sind Sie wahrscheinlich deutschlandweit eines der wenigen Büros, die sich mit einer Kegelbahn profilieren konnten. Wie sind Sie an das Projekt gekommen?
FO: Kurz nach unserer Gründung 2016 haben wir an dem Wettbewerb dafür teilgenommen, wurden zugelost und haben ihn schließlich gewonnen. Nachdem wir zunächst Zweifel gehabt haben, dass wir den Auftrag angesichts der ortsansässigen Architekten-Konkurrenz tatsächlich bekommen würden, wurden wir schließlich tatsächlich beauftragt. Also haben wir uns voller Elan und mit viel Akribie auf unseren Erstling gestürzt.

Was ist besonders an der Bauaufgabe Kegelbahn? Was bringt diese mit sich?
JK: Es ist eigentlich eine ziemlich einfache Aufgabe: ein Funktionsbau mit einer großen Halle für die Kegelbahn, Umkleidekabinen fürs Kegeln und den angrenzenden Fußballverein sowie Nebenbereiche mit Bar und Küche. Die Herausforderung lag eher darin, dieses Projekt mit einem unmöglichen Budget zu realisieren und aus etwas Profanem etwas architektonisch Ansprechendes zu machen.
FO: Schön war bei diesem Projekt, dass damit die Kegelbahn wieder in die Dorfmitte geholt wurde. Auch, um der Abwanderung aus dem ländlichen Raum etwas entgegenzusetzen. Und tatsächlich haben die Leute während des Prozesses angefangen, sich mit dem Gebäude zu identifizieren – sie haben ja nicht nur eine Kegelbahn, sondern im Grunde ein neues Dorfzentrum bekommen. Dass uns in diesem Prozess als junges Architekturbüro so ein Vertrauen geschenkt wurde und wir am Ende diese Qualität umsetzen durften, war unfassbares Glück. Einen besseren Einstieg hätten wir uns nicht erträumen können.

KO/OK Architektur BDA, Salbeiküche, Leipzig 2018, Foto: Jens Gerber

Sie haben auch einige Möbel und Interieurs entworfen – ist es Ihnen wichtig, dass Sie ein Gebäude als Gesamtwerk bis hin zur Ausstattung selbst gestalten?
FO: Grundsätzlich macht es uns großen Spaß, die Dinge bis ins Detail zu durchdenken. Wir haben gleichzeitig nur den kurzen Zeitraum der Planung, um Einfluss auf die Ausgestaltung der Projekte zu nehmen. Entscheidend für die Architektur ist aber die Nutzung danach, die Nutzer müssen sie sich aneignen können. Wir wollen den Leuten nicht vorschreiben, wie sie darin leben sollen.
JK: Aber bis zu einem gewissen Grad versucht man natürlich schon, darauf Einfluss zu nehmen. Es macht einen Unterschied, beispielsweise bei der Kegelbahn, ob ein Edelstahltresen vom Zapfanlagenbauer hineinkommt oder ob man die Möglichkeit hat, im Sinne des Gebäudes noch das Mobiliar zu gestalten.

Wie würden Sie Ihren Gestaltungsansatz und Ihre Herangehensweise an Entwurfsaufgaben charakterisieren?
JK: Ich denke, wir versuchen über einfache architektonische Ideen räumliche Qualität zu schaffen und möchten dabei möglichst intuitiv und ehrlich mit Materialität arbeiten. Ganz früh im Projekt entsteht dabei eine Idee für eine Materialisierung, denn das verwendete Material bringt immer eine bestimmte Konsequenz, eine Logik in der Ausformulierung der Architektur und der Detaillierung mit sich.

Dann geht es sogar am Anfang schon um die Oberfläche?
JK: Auf jeden Fall. Diese kann sogar der Ausgangspunkt für den Entwurf sein. Es ist ein Riesenunterschied, ob ich einen Raum mit hölzernen Oberflächen oder mit weiß verputztem Mauerwerk habe.
FO: Wie fasst sich das an, wie riecht das, wie hört sich das an? – Dieses Gefühl für den Raum versuchen wir den Bauherren immer von Anfang an zu vermitteln.

KO/OK Architektur BDA, Lückenschluss, Leipzig 2018–2020, Foto: Sebastian Schels

Könnte man auch sagen, dass Sie Ihre Entwürfe von einer gewünschten Atmosphäre ausgehend entwickeln?
FO: Wir tun uns immer schwer mit so ultimativen Aussagen. Aber wahrscheinlich stimmt es.
JK: „Atmosphäre“ klingt immer so ein bisschen nach „heimelig“. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das so gut finde. Aber wir haben schon oft gedacht, dass wir vieles andersherum denken: Dass wir die Architektur in vielen Punkten über das Detail entwickeln.

Wie schlägt sich das in Ihrer Arbeitsweise nieder?
JK: Ich glaube, es bedeutet ein großes Maß an Abstraktionsfähigkeit. Denn obwohl man von Anfang an im Detail und Material denkt, muss man ja gleichzeitig noch die Möglichkeit haben, die Dinge abstrakt zu sehen. Sonst verliert man sich schon am Anfang im Kleinen. Das ist ein Spagat, denn wir versuchen zum einen, von Anfang an schon in einer Materiallogik und atmosphärischen Ausgestaltung zu denken und gleichzeitig auf einer abstrakten architektonischen Ebene interessante Raumkompositionen zu schaffen.

Wohin wollen Sie sich in den nächsten Jahren entwickeln – haben Sie architektonische Ziele?
JK: Ich würde das gar nicht nur auf das architektonische Schaffen beschränken. Derzeit wachsen wir mit dem Büro und betreiben es teilweise mit einem etwas ungesunden Pensum an Arbeit. Perspektivisch geht es uns aber nicht um Wachstum, sondern darum, mit einem guten Team schöne Projekte zu machen und dabei weiterhin Spaß zu haben.

www.ko-ok.cc

Neu im Club im DAZ
Talk mit Jan Keinath und Fabian Onneken
7. April 2022, 19.00 Uhr

www.daz.de
www.neuimclub.de

Medienpartner: www.marlowes.de

Neu im Club wird unterstützt von Haushahn, Erfurt und Heinze sowie den BDA-Partnern.

Artikel teilen:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert