Gespräche mit Susanne Wartzek

Vor dem Bauministerium

Für dieses Gespräch spazieren BDA-Präsidentin Susanne Wartzeck und Die Architekt-Redakteurin Elina Potratz am Amtssitz des neuen Bauministeriums in der Krausenstraße in Berlin-Mitte vorbei. Während die Architektur des ehemaligen Großhandels- und Bürokomplexes, der 1909 bis 1914 nach Entwürfen des Architekten Friedrich Kristeller entstand, eher unscheinbar daherkommt, ist die Nutzungsgeschichte umso brisanter. Das Gebäude war im Nationalsozialismus seinen jüdischen Besitzern entrissen worden, nach dem Krieg fiel das Gebäude in den Besitz des DDR-Regimes. Erst nach dem Mauerfall konnte die Enkelin der Familie nach langer Recherche eine Zahlung der Bundesregierung von acht Millionen Pfund erwirken.

Elina Potratz: Mit dem neuen SPD-geführten Ministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen ist für viele Menschen in der Architekturwelt ein großer Wunsch in Erfüllung gegangen – die Themen Bauen und Wohnen sind nun Chefsache. Am 17. Januar konnten Sie bereits die Ministerin Klara Geywitz in einer Videokonferenz kennenlernen. Welchen Charakter hatte dieses erste Treffen?

BDA-Präsidentin Susanne Wartzeck, Foto: Klaus Hartmann

Susanne Wartzeck: Es war eher ein Kennenlerngespräch, in dem sie kurz dargestellt hat, welche Ziele und Strategien sie für die kommende Amtsperiode verfolgt. Das hat sich gedeckt mit dem, was sie bereits in ihrer Bundestagsrede am 13. Januar gesagt hat. Dabei stand natürlich das quantitative Ziel von 400.000 Wohnungen im Vordergrund, die gebaut werden sollen. Ich bin sehr gespannt, wie sie das bewerkstelligen will. Denn wir wissen ja alle, dass das Bauen ein langwieriger Prozess ist.

Hatten Sie, beziehungsweise der BDA, bei diesem Kennenlernen auch die Möglichkeit, Themen zu platzieren?
Ja, das hatte ich. Neben der allgemeinen Vorstellung unseres Verbandes ging es hauptsächlich darum, dass diese 400.000 Wohnungen nicht unbedingt alle neu gebaut werden müssen. Insbesondere, wenn man in gleichem Maße auch die Klimaschutzziele der Bundesregierung im Blick behalten möchte, sollte möglichst viel Bestand aktiviert werden. Zum Beispiel durch Umnutzung von Bürogebäuden in Wohngebäude, was ja gerade auch ein großes Thema in den Innenstädten ist. Darüber hinaus haben wir über die Aktivitäten der letzten Jahre mit dem Bauministerium berichtet, zum Beispiel über die Ausstellungen und Publikationen „Sorge um den Bestand“ und „Neue Standards. Zehn Thesen zum Wohnen“.

In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Äußerungen in Interviews von Geywitz, dass bei der Umsetzung der Wohnungsbauziele auch das serielle Bauen verstärkt zum Einsatz kommen soll. Haben Sie auch darüber sprechen können?
Das war bei unserem Gespräch noch kein Thema. Aber sie hat es ja in ihrer Rede im Bundestag hervorgehoben. Ich denke, dazu müssen wir auf jeden Fall noch einmal ins Gespräch kommen. Geywitz betont immer, dass mit dem seriellen Bauen – und damit meint sie offenbar eher einen hohen Grad der Vorfertigung – der Bauprozess beschleunigt wird und es weniger Lärmbelästigung gibt. Das ist sicher auch richtig. Inwieweit aber tatsächlich Kosten eingespart werden können, ist fraglich. Manchmal ist das serielle Bauen sogar etwas teurer. Grundsätzlich aber ist das, was ich bis jetzt von ihr zu diesem Thema gehört habe, sehr präzise und nicht allgemein.

Insgesamt liegt der Fokus ihrer Äußerungen und formulierten Ziele aber sehr stark auf dem Thema Wohnungsbau und bezahlbares Wohnen, richtig?
Ja, das sieht sie als ihren Auftrag und stellt es ganz klar vorne an. Unterstützt wird sie dabei auch von Olaf Scholz selbst, der in Hamburg einiges in die Wege geleitet hat, während er Bürgermeister war. Momentan sind wir ja immer noch in der Situation, dass mehr Wohnungen aus der Sozialbindung fallen, als neue geschaffen werden. Und diese Umkehr muss gelingen, darauf legt sie großen Wert. Im Moment werden verschiedene Modelle zur Entlastung der Mietenden entwickelt, bei denen zugleich die Anreize für Investitionen nicht verloren gehen, die wir etwa bei den energetischen Sanierungen benötigen.

Das Bestreben des BDA richtet sich immer auch darauf, die Bedeutung von ästhetischer und räumlicher Qualität aufzuzeigen und zu vermitteln. Man hat den Eindruck, dass die quantitative Schaffung von Wohnraum in den bisherigen Äußerungen des Bauministeriums im Vordergrund steht. Immerhin wird zwar der Aspekt der Klimafreundlichkeit genannt, gestalterische oder soziale Qualitäten werden jedoch, wenn überhaupt, nur in Nebensätzen abgehandelt.
Klar, da ist unser Input weiterhin gefragt. In der Debatte, die sich an die Bundestagsrede von Klara Geywitz anschloss, hat allerdings Bernhard Daldrup von der SPD darauf hingewiesen, dass es nicht nur auf die Quantität, sondern auch auf die Qualität ankommt, da sich die sozialen Aspekte, für die die SPD ja auch steht, sich nur dann einlösen lassen. Anknüpfend an diesen Beitrag habe ich in unserem Gespräch noch einmal dargelegt, dass Qualität für uns ein bedeutendes Anliegen ist. Denn diese ist ja gerade bei Wohnungen in Sozialbindung schwierig umzusetzen, weil es ein enges Korsett gibt. Zudem habe ich dafür geworben, dass es beispielsweise beim Wohnen im Bestand mehr Möglichkeiten für andere Wohnformen geben sollte – wie zum Beispiel für studentisches Wohnen oder Mehrgenerationen-Wohnen –, die zwar bezahlbar sind, aber nicht den starren Vorschriften des sozialen Wohnungsbaus folgen müssen.

Gerade wenn es um darum geht, günstigen Wohnungsbau umzusetzen, stellen sich ja noch weit grundsätzlichere Fragen, zum Beispiel danach, welche Maßnahmen den stetig steigenden Bodenpreisen entgegengesetzt werden können. Sehen Sie hier Ansätze im Ministerium, dieses Problem stärker an der Wurzel zu packen?
Klara Geywitz sagt zumindest, dass sie die Frage nach dem kommunalen Vorkaufsrecht schnellstens klären möchte, damit die Kommunen überhaupt in die Lage versetzt werden, Vorsorge treffen zu können. Jedoch wissen wir auch genau, wie die Haushaltslage in den Ländern und Kommunen ist. Es ist also noch einmal eine ganz andere Frage, in welcher Form und in welchem Umfang diese dann auch in der Lage sind, Immobilien oder Bauland zu erwerben. Aber ich denke schon, dass sie das Thema wahrgenommen hat. Mich hat insgesamt beeindruckt, in welcher Geschwindigkeit sie sich bereits in die Themen eingearbeitet hat und schon sehr gut sprachfähig ist. Das könnte nach so einer kurzen Zeit auch ganz anders sein.

Dienstsitz des Bauministeriums, Krausenstr. 17–18, 10117 Berlin, Foto: Jörg Zägel, CC BY-SA 3.0

Bezogen auf den Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit: Hatten Sie den Eindruck, dass im neuen Bauministerium ähnliche Vorstellungen herrschen, wie beispielsweise der BDA sie in „Das Haus der Erde“ formuliert hat?
Geywitz hat einige Male betont, dass wir bei der energetischen Sanierung des Gebäudebestands wegkommen müssen von der reinen Beurteilung der Gebäudehülle und zusätzliche Kriterien brauchen. Mehr wurde dazu in dem direkten Gespräch nicht gesprochen und auch in der Bundestagsdebatte war davon noch nichts zu hören. Jedoch hat sie bereits einen Schulterschluss mit dem von Robert Habeck geführten Wirtschaftsministerium angekündigt. Ich habe in unserem Gespräch versucht, darauf hinzuweisen, dass es aus unserer Sicht gut wäre, eine Art Gutachten zu erstellen, um zu ermitteln, welche Vorschriften, Normen und Gesetze momentan das Bauen im Bestand behindern. Hier benötigt man Einblicke, um die Klimaziele überhaupt angehen zu können. Wie sie auf diese Anregung einsteigt, werden wir sehen.

Gibt es mittlerweile schon eine Vorstellung davon, wie kommende Gespräche und die weitere Zusammenarbeit aussehen werden?
Momentan lernt Frau Geywitz vor allem Leute kennen, spricht mit vielen Verbänden und verschafft sich erst einmal ein Bild. Sie möchte ein Bündnis für bezahlbares Wohnen ins Leben rufen, man wird sehen, wen sie ausgehend von ihren Gesprächen dazu einlädt. Der BDA hat seine Mitarbeit bei allen möglichen Fragen angeboten. Und wir haben sie natürlich zu unserem BDA-Tag nach Nürnberg eingeladen. Wir hoffen, dass sie diese Einladung annehmen kann.

Wie ist Ihr Eindruck: Ist mit dem neuen Ministerium ein neuer Geist, eine Aufbruchstimmung im Bauen zu spüren?
Ich denke, man muss Klara Geywitz erst einmal die üblichen hundert Tage Zeit lassen, um zu schauen, wie sie sich in die Themen einarbeitet. Aber man merkt schon, dass eine ganz andere Stimmung herrscht. Mit Horst Seehofer habe ich kein einziges Wort gewechselt und er war ja auch erwiesenermaßen bei keiner Veranstaltung dabei, die das Bauwesen betraf. Das ist schon eine Schubumkehr. Ich bin guter Dinge, dass wir in der Lage sein werden, gute Kontakte zur Ministerin, aber auch zu den drei Staatsekretären Cansel Kiziltepe, Sören Bartol und Rolf Bösinger aufzubauen und die Positionen des BDA zu vertreten.

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