kern und these

Es liegt an uns

„Wenn ich nicht mehr mit mach, mach ich nicht mehr mit.“
Aus: „Karlsson vom Dach“, Astrid Lindgren

Architekten sind in Ihrer Berufsausübung bestimmten Regeln und Pflichten unterworfen, die es so in anderen Berufen nicht gibt. Dies gilt insbesondere für uns im BDA zusammengeschlossene Architekten. Wir haben uns mit Mitgliedschaft im BDA zur Einhaltung nochmals eigener Berufsgrundsätze und Regeln verpflichtet und uns in unserer Satzung das Streben nach der Qualität des Planens und Bauens in Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt als wesentlichen Grundsatz gegeben.

Die Mitglieder der Architektenkammern sind gesetzlich zur Einhaltung bestimmter Regeln verpflichtet, die in den Architektengesetzen und Baukammergesetzen der Länder nachzulesen sind. Im Gegenzug erhält der Berufsstand einige Privilegien. Er darf sich in Form der Architektenkammern selbst verwalten und für seine Mitglieder eine eigene und unabhängige Altersversorgung unterhalten. Es gibt mit der HOAI eine gesetzliche Gebührenordnung, die dafür sorgen soll, dass die Qualität des Planens und Bauens sichergestellt und Honorardumping verhindert wird. Die Auswahl des Architekten kann dadurch nicht über den Preis erfolgen. Stattdessen kann der für die jeweilige Aufgabe geeignetste Planer oder – gar nach einem Wettbewerb – der Verfasser der besten Entwurfslösung für die Ausführung gefunden werden.

Mit den Wettbewerbsregeln gibt es für Bauherren ein Sonderangebot. Er kann abweichend von der HOAI für den Preis eines einzigen Vorentwurfs beliebig viele Vorentwürfe für ein Bauvorhaben erhalten und damit die Möglichkeit, unter mehreren Entwürfen den Besten auszuwählen. Die Regeln, zur Zeit die RPW 2013, sind fein tariert und ausgewogen und für alle Beteiligten fair. Verpflichtend anzuwenden sind sie aber nur für den Bund, die meisten Bundesländer und, gewissermaßen, über die Vergabe-Verordnung auch für alle anderen öffentlichen Auftraggeber.

Foto: David Kasparek

Foto: David Kasparek

Anders sieht das für uns als Architekten aus. Wir sind dazu verpflichtet, nur an Verfahren teilzunehmen, bei denen gewisse Grundsätze eingehalten werden. Dies gilt nicht nur für die Teilnehmer, sondern auch für die Jurymitglieder und die den Wettbewerb betreuenden Büros. Die Grundsätze sind: die Beurteilung der Arbeiten durch ein fachkompetentes und zu Teilen unabhängiges Preisgericht, die Anonymität des Verfahrens, das Versprechen einen der Preisträger mit den weiteren Planungsleistungen zu beauftragen, die Aussetzung eines angemessenen Preisgeldes und die Verpflichtung der Wahrung der Urheberrechte der Entwurfsverfasser.

Selbstverständlich ist es jedem Bauherrn unbenommen eine Mehrfachbeauftragung durchzuführen. Aber dann muss auch jedem der Teilnehmer das volle Honorar nach HOAI für die abgefragten Leistungen gezahlt werden.

Die Zahl der wettbewerbsähnlichen Verfahren, die die Wettbewerbsgrundsätze ganz oder in Teilen nicht erfüllen, nimmt heute in großem Maße zu. Häufig getarnt als Mehrfachbeauftragungen mit unzureichender Honorierung, ein oder zwei Alibiarchitekten im Preisgericht und stets mit nur sehr wenigen ausgewählten Teilnehmern. Oft werden diese Verfahren von den Kommunen als vermeintliche Wettbewerbe eingefordert und dann von privaten oder versteckt öffentlichen Auftraggebern so durchgeführt.

Sehr oft, ja erschreckend oft sind sowohl die Teilnehmer als auch die Architekten in der Jury und die Betreuer solcher Verfahren Mitglieder des BDA. Willfährig überlassen wir uns den unfairen Rahmenbedingungen in der Hoffnung – angesichts der geringen Zahl der zur Teilnahme Aufgeforderten – trotzdem eine gute Chance auf einen Auftrag zu haben. Völlig unverständlich bleibt dabei, warum Architekten und insbesondere BDA-Architektinnen und Architekten als Jury-Mitglieder diese Verfahren auch noch mit ihrem guten Namen adeln.
Wenn die Architektenkammern jetzt zunehmend dazu übergehen, die Beteiligten mit Berufsordnungsverfahren zu überziehen, so ist das folgerichtig und notwendig. Zunehmend und zu lange schon wurde das als Kavaliersdelikt angesehen wie das Überqueren einer roten Fußgängerampel nach Mitternacht. Einen Zugriff auf die Auslober solcher Verfahren gibt es nicht, es sei denn, es handelt sich um öffentliche Vergabeverfahren, und auch dann können Kammern und BDA nichts tun, sondern das einzelne betroffene Mitglied muss rügen und Einspruch einlegen.

Im Grunde wäre es ja ganz einfach, solchen Verfahren den Garaus zu machen. Wenn wir, die BDA-Architekten, für zwei Jahre weder als Teilnehmer noch als Preisgerichtsmitglieder an solchen Verfahren teilnehmen würden, dann gäbe es diese Verfahren nicht mehr. Es liegt also an uns. In den heutigen auftragsmäßig sehr guten Zeiten wäre das ja fast denkbar. Vielleicht ist eine neue Diskussion über Ethik und Grundsätze unseres Berufsstandes und unseres Verbandes erforderlich. Zurzeit höhlen wir sie aus und verlieren an Glaubwürdigkeit.

Jochen König

Dipl.-Ing. Jochen König, Architekt und Stadtplaner BDA, ist Geschäftsführender Gesellschafter des Büros hks | architekten. Er studierte Architektur in Aachen und Delft und ist seit 1990 Mitglied im BDA. Von 2000 bis 2005  war König Landesvorsitzender des BDA Nordrhein-Westfalen, seit 2008 ist er erneut Mitglied des Landesvorstands des BDA NRW. Jochen König ist Mitglied des Vorstands der AKNW, dort Vorsitzender des Wettbewerbs- und Vergabeausschusses sowie seit 2010 Sprecher des BDA in der AG KOOP, dem gemeinsamen Gremium von BDA, GdW und Deutschem Städtetag.

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