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Funktional und ästhetisch

Lorenz Bieringer im Gespräch

 

Herr Bieringer, Wienerberger ist seit Ende 2016 Mitglied im Kreis der BDA-Partner. Was erhoffen Sie sich von dieser strategischen Partnerschaft?

Die Bandbreite von Aufgaben, denen sich Architektenschaft und Baustoffindustrie aktuell gegenüber sehen, ist enorm. Der fehlende bezahlbare Wohnraum in Großstädten ist in aller Munde, aber das ist bei weitem nicht alles. Ich denke an innerstädtische Nachverdichtung, Aufstockung, sommerlichen Hitzeschutz, die Verdämmung ganzer Quartiere und natürlich die Brandgefahr bei Hochhäusern. Stark beschäftigt uns auch die Digitalisierung und Entwicklung von BIM. Für uns bei Wienerberger ist es wichtig, den Finger am Puls der Zeit zu haben. Insofern messen wir dem Austausch mit Vertretern von berufsständischen Organisationen generell eine sehr hohe Bedeutung bei, auch zum Thema Baukultur.

Wienerberger ist ein Inbegriff für das Bauen mit Ziegel und Klinker. Wie gehen Sie in der Entwicklung neuer Produkte vor, nach welchen Kriterien werden Neuerungen aktiv gesucht und zur Marktreife gebracht?

Ich möchte noch einen Schritt weiter gehen. Als Marktführer in Deutschland haben wir den Anspruch, „der“ Inbegriff für das Bauen mit gebranntem Ton zu sein, egal ob Wand, Fassade, Dach, Schornstein oder Pflasterklinker. Daran arbeiten wir deutschlandweit mit gut 1500 Mitarbeitern in 19 Werken jeden Tag. Innovation ist ein zentrales Thema für uns, weil wir nur Erfolg haben können, wenn wir liefern, was der Markt braucht.

Forschung und Entwicklung hat für uns einen sehr hohen Stellenwert, schließlich können wir nur erfolgreich sein, wenn wir den Bedürfnissen des Marktes entsprechen und Trends sehr, sehr früh erkennen. Auch Produktmanagement und Vertrieb stehen daher übrigens im ständigen Austausch miteinander. Stolz sind wir auf das Forschungszentrum, das wir gemeinsam mit unserer Schwesterfirma Schlagmann Poroton betreiben. Es ist in der Branche einzigartig. Ein aktuelles Ergebnis der F+E-Aktivitäten ist unser neuer Hintermauerziegel Poroton-S9-P. Mit ihm sind KfW-Effizienzhäuser 55 mit sechs Geschossen und mehr nach aktueller EnEV möglich – ohne künstliche Außendämmung. Damit liefern wir starke Argumente für den Wohnungsbau.

Auch bei der Fassadengestaltung geht es darum, frühzeitig Trends zu erkennen und die richtigen Angebote parat zu haben. Ich verweise da gern auf unsere Langformate bei Verblendern, etwa Polaris aus dem Terca-Programm. Sie sind in Farbgebung, Oberfläche, Größe und Wasserstrichqualität außergewöhnlich und ermöglichen spannende Fugenbilder. Gleiches gilt für keramische Platten und Stabziegel aus dem Argeton-Programm.

Produkten wie Klinkerriemchen haftet der Dünkel des Unechten an. Über die Frage, wie sich Dehnungsfugen in Mauerwerksbauten ausführen lassen, gibt es Diskussionen. Ob – und wenn ja, wie – in zeitgenössischer Architektur die statischen Eigenschaften von Mauerwerk darzustellen sind, etwa bei Öffnungen und Stürzen, wird ebenfalls diskutiert. Gibt es dazu in Ihrem Haus eine Haltung?

Einspruch – den „Dünkel“ möchte ich so nicht gelten lassen. Wir müssen in der Lage sein, für jedes Bauvorhaben das passende Produkt vorzuhalten. Und Riemchen sind aktuell im mehrgeschossigen Wohnungsbau vor allem im innerstädtischen Bereich nachgefragt, also überall da, wo es auf besonders schlanke Wände ankommt. Für uns ist wichtig, dass auch bei der Nutzung von Klinkerriemchen auf künstliche Dämmung verzichtet werden kann. Entsprechende Informationen und Empfehlungen für schlanke Wandaufbauten in Verbindung mit Poroton-Hintermauerziegel stellen wir gern zur Verfügung.

Die statischen Eigenschaften von Ziegelmauerwerk sind unbestritten hervorragend. Für alle konstruktiven Fragen, etwa die Lastabtragung bei sehr großen Fensteranteilen, haben wir mit dem Wienerberger Projektmanagement (WPM) ein bundesweit agierendes Team von Fachleuten, das Architekten schon in der Planung berät. Gleiches gilt für das wichtige Thema von Dehnungsfugen in der Fassade. Übrigens, bei allen technischen Fragen steht unsere telefonische Bauberatung gern zur Verfügung.

Welcher Bau ist Ihr aktuelles Lieblingsprojekt, bei dem Wienerberger-Produkte zum Einsatz gekommen sind? Und warum?

Ein Glück, dass die Auswahl so klein ist (lacht). Ich meine, dass jedes Projekt seinen individuellen Reiz hat. Das ist keine Diplomatie, sondern meine feste Überzeugung. Gern kann ich Ihnen jedoch spontan einige Beispiele nennen: Im Hochbau gefallen mir Konzept und Realisierung des Medienfensters Adlershof in Berlin sehr. Acht Geschosse, große Fensterflächen, eine spannend akzentuierte Fassade – und alles in Terca-Ziegel. Hier war der Austausch zwischen den Architekten und WPM von Anfang an sehr intensiv, besonders was die Ausführung von Mauerwerksöffnungen und Dehnungsfugen angeht.

Überzeugend finde ich auch den Ansatz der Architekten im Frankfurter Merton-Viertel. Weil die im ersten Bauabschnitt eingesetzte Lösung mit künstlicher Außendämmung nicht überzeugen konnte, kommt beim Bauherrn seither ausschließlich die monolithische Ziegelbauweise mit Poroton in Frage. Spannend ist ebenfalls die Fassadengestaltung der Mensa in Metz. Zwei französische Büros haben mit unseren naturroten Argeton-Barros funktional wie ästhetisch eine tolle Lösung gefunden.

Wo sehen Sie die größten Aufgaben der nächsten Jahre?

Die beiden Stichworte lauten Digitalisierung und BIM. Das Bauen wandelt sich in atemberaubender Geschwindigkeit. Egal ob Architekten oder Industrie, wer dem nicht folgen kann, wird abgehängt. Deshalb steht das Megathema ganz oben auf unserer Agenda. Wir bei Wienerberger profitieren vom übergeordneten Austausch mit unserer AG und von den Erfahrungen der Schwestergesellschaften, etwa in England oder den Niederlanden, wo BIM schon einen ganz anderen Stellenwert erreicht hat.

Im Tagesgeschäft wird es neben Produktqualität und Vielfalt stärker um die Umsetzung individueller, auch sehr spezieller Kundenwünsche gehen. Auch dafür haben wir tolle Angebote, etwa die Manufakturlinie für Koramic-Dachziegel im Werk Eisenberg/Pfalz. Dortige Produkte wurden übrigens eingesetzt bei der denkmalgerechten Dachsanierung von Schloss Cecilienhof in Potsdam. Aus der Manufaktur des Klinkerwerks Buchwäldchen stammen Repliken für anspruchsvolle Instandsetzungen von Klinkerfassaden historischer Villen, Rathäuser und Schulen. Auch im Objektbau mit Argeton-Fassadenplatten mehren sich Aufträge auf Architektenwunsch.

Wienerberger verfolgt seit Eintritt in den deutschen Markt eine konsequente Expansionsstrategie. Wie stehen Sie dazu? Welche Konsequenzen hat Ihre Marktpräsenz für Mitbewerber, Produkte und das Angebot an Architekten?

Deutschland ist Europas wichtigster Baumarkt, daran möchte natürlich auch Wienerberger partizipieren. Seit Markteintritt 1985 sind wir hier kontinuierlich gewachsen. Sicher hilft es, einen finanzstarken, international agierenden Konzern im Rücken zu haben, aber wir alle wissen, dass man in der Baubranche nur erfolgreich sein kann, wenn Kundenkontakt gelebt wird, Produkte und Services stimmen. Ich denke, es ist ein großer Vorteil, dass wir als Vollsortimenter bundesweit tätig sind und Produkte von gleichbleibend hoher Qualität für jeden Anspruch bieten können.

Der Wettbewerb fordert alle Marktteilnehmer gleichermaßen, dem stellen wir uns jeden Tag. Sicher stärker als andere schauen wir über den Tellerrand und achten darauf, was sich in anderen Ländern tut. Dank der Konzernstruktur können wir schnell und umfassend reagieren. Das Ergebnis: Vielfalt in unserem Programm. Was ein Architekt benötigt, bekommt er von uns.

Lorenz Bieringer (49) verfügt über langjährige Erfahrung in der deutschen und europäischen Ziegelindustrie. Der Niederbayer verantwortet seit Oktober 2016 als Geschäftsführer den Produktbereich Wand (Poroton-Hintermauerziegel, Kamtec-Schornsteinsysteme, Terca-Vormauerziegel sowie Penter-Pflasterklinker) bei Wienerberger. Zusätzlich hat er die Funktion des Sprechers der Geschäftsführung inne. Der passionierte Hobbykoch lebt zusammen mit seiner Frau und drei Kindern in Niederbayern.

Foto: Wienerberger/Claudius Pflug/Johannes Vogt/Arnt Haug/Grégory Tachet

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