Modulares Bauen mit Quartiersbildung

Dauerhafter und nachhaltiger als die Lösung mit Containern zur temporären Unterbringung sind feste Häuser auf modularer Basis aus Holz oder massivem Mauerwerk. So lässt sich langfristig günstiger Wohnraum bereitstellen – gleich, wer diesen heute oder in Zukunft nutzt. Sind diese Projekte so ausgebildet, dass sie ein architektonisches Quartier formen, werden sie dem Individuum wie der Gruppe gerecht und gewährleisten zudem eine hohe Nutzungsqualität. Die im Vergleich höhere Anfangsfinanzierung lässt sich leicht mit einer längeren Lebensdauer und niedrigeren Folgekosten begründen: Das macht modulare Systeme auf Holzbaubasis langfristig zu einer echten Alternative zu Containern.

An den Projekten des Bremer Büros Architekten BDA Feldschnieders+Kister zeigen sich die Ur-Aufgaben von Architekten: Das sind zunächst die Anforderungen von Tragen, Dichten und Dämmen, also einen standfesten, trockenen und warmen Raum zu schaffen. Bei den 14 in Bremen und Hannover realisierten oder derzeit sich im Bau befindlichen Projekten sind sie gegeben, die Architekten gehen aber den entscheidenden Schritt weiter: Die Entwürfe machen deutlich, dass es die weiterführenden Themen der Architektur sind, die die Qualität der Unterkunft ausmachen. Wichtiger noch als das Material der raumbildenden Elemente ist die Art und Weise, wie die jeweiligen Räume formuliert und aneinander gefügt werden – es geht um die sensible Aneinanderreihung der einzelnen gedachten Raumkompartimente. Stellt man sich dabei den exklusiven, privaten Raum des Individuums auf der einen Seite vor, so steht auf der anderen der inklusive und öffentliche Raum der Allgemeinheit. Diese beiden Pole sorgsam und vorsichtig aneinander heranzuführen, ist die eigentliche Herausforderung. Guter Architektur gelingt es, dem Einzelnen gleichermaßen privaten und halbprivaten Innenraum, wie halböffentlichen und öffentlichen Außenraum zur Verfügung zu stellen: zum Beispiel durch die Raumfolge von der Schlafstätte über die Küche hin zur Veranda und den Quartiersplatz. Die Wohneinheiten von Feldschnieders+Kister belegen, dass es das ist, was einen wichtigen Teil der Qualität der Behausung für die Bewohner ausmacht – selbst wenn diese „nur“ aus Containern gebildet wird.

Mit der modularen Grundkonzeption, die in den ersten Projekten mit Wohncontainern umgesetzt wurde, ist es ein leichtes, Varianten zu erstellen – sowohl was die städtebauliche Einordnung betrifft wie auch die Art des Bauens: Versionen in Holzrahmenbauweise („Am Rastplatz“ in Bremen) oder als Massivbau („Neue Heimat“ in Osterholz bei Bremen) werden zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Publikation gebaut oder sind bereits entworfen.

Mit einem relativ geringen monetären Mehraufwand lassen sich so unmittelbar sowie langfristig Nutzen für Städte und Kommunen erzielen: Scheinbar – darauf deuten die Berichte des vor Ort verantwortlichen Personals in den Unterkünften hin – verläuft das Leben in den bisher realisierten Container-Dörfern in Bremen weitgehend konfliktfrei ab, die Bewohner kümmern sich zudem beim Auszug selbst um die Reinigung der Wohneinheit, was auf eine hohe Identifikation mit dem Ort und der Wohnung hindeutet. Nach- und Weiternutzungen unterschiedlichster Art sind in einem nächsten Schritt denkbar, was die Holz- und Massivbauten in zweifacher Hinsicht nachhaltig macht. So erfährt das modulare Konzept einen Schub in Richtung dauerhafter Implementierung der Bauten in unserer Stadtgesellschaft. Die Projekte zeichnen sich zudem durch das Wissen um bau- und planungsrechtliche Sonderregelungen für Flüchtlingsunterkünfte aus, die baurechtlich als „Sonderbauten“ klassifiziert werden. Auch die derzeit gültige EnEV 2014 ermöglicht Ausnahmen, die von der Standzeit des Baus abhängig sind. Auch planungsrechtliche Sonderregelungen wurden ausgeschöpft, um auf sonst rechtlich nicht geeigneten Flächen die Ansiedlung einer Unterkunft zu ermöglichen.

Architekten
Architekten BDA Feldschnieders + Kister, Bremen

Projekt
Übergangswohneinrichtung in Holzrahmenbauweise
„Am Rastplatz“

Bauherrin
Senatorin für Kinder, Jugend, Frauen und Soziales, Bremen

Standort
Am Rastplatz, Bremen Lesum

Zahl der Bewohner
bis zu 32 Personen in 2- bzw. 4-Bett-Appartements je Hofhaus

Besonderheiten
Barrierefrei, Gemeinschaftshaus, zentraler Wäscheraum, Verwaltungsgebäude (für Heimleitung, Arztzimmer, Wachdienst, Hausmeister und Lagerräume), Nachnutzung durch Studierende o.ä. ohne weiteres möglich

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