Houston, we have a problem

Aktiv wohnen

Im Dezember letzten Jahres hat der architekt gemeinsam mit dem BDA und dem Deutschen Architektur Zentrum DAZ den Call for Projects „Houston, we have a problem“ gestartet und um Einreichung substanzieller Beiträge gebeten, die uns dabei helfen können, die Effekte des Klimawandels zu gestalten. Bis Ende Januar 2019 sind rund 150 gebaute und gedachte Projekte zusammengekommen. Im Wochentakt stellen wir an dieser Stelle ausgewählte Beiträge vor.

Aktiv-Stadthaus Frankfurt, 2012-2015, HHS Planer + Architekten

Der Publizist Niklas Maak fragte 2015 in seiner Rede zum Erhalt des BDA-Preises für Architekturkritik treffend, warum es in der Baubranche eigentlich den „rätselhaften Hang“ gäbe, „interessante Innovationen mit möglichst depressiven Begriffen zu belegen“. Damit meinte Maak unter anderem das „Passivhaus“ und das „Nullenergiehaus“, die ihn eher an einen Witz erinnerten: „Warum steht Ihr Haus so traurig an der Ecke? – Weiß auch nicht, ist halt ein Passivhaus.“ Doch auch einige Architekten haben dies mittlerweile erkannt und wollen abseits der Öko-Nische eine klimaverträgliche Architektur gestalten, die einen energetischen und ästhetischen Gewinn darstellt. So auch das Kasseler Büro Hegger Hegger Schleiff Planer + Architekten, die in Frankfurt am Main mit dem Aktiv-Stadthaus einen urbanen und großmaßstäblichen Wohnungsbau im Effizienzhaus Plus-Standard umgesetzt haben.

Aktiv-Stadthaus Frankfurt, 2012-2015, HHS Planer + Architekten

Das Grundstück war dabei keine einfache Ausgangssituation, denn der Parkplatz-Streifen an einer vielbefahrenen Straße, auf dem der Bau errichtet werden sollte, war nur etwa zehn Meter schmal. Dass eine Bebauung überhaupt erwogen wurde, ist wohl dem überlasteten Frankfurter Wohnungsmarkt und der guten Lage in der Nähe des Hauptbahnhofs geschuldet. Insgesamt konnten in dem Gebäuderiegel auf acht Etagen 74 Wohneinheiten mit Zwei- bis Vier-Zimmerwohnungen untergebracht werden. Auf der Südseite des Hauses, die gleichzeitig zur Straße ausgerichtet ist, wurde die stark gedämmte Fassade mit Photovoltaik-Modulen ausgerüstet, die den Bau zusammen mit der Solaranlage auf dem Pultdach mit Strom versorgen. Die leichten Knickungen in der Fassade verhindern eine monotone Wirkung des langen Wohnblocks. Die eingesetzten Loggien verursachen zwar Fläche für Wärmeverlust, brechen den Baukörper jedoch zusätzlich in seiner monolithischen Form auf.

Aktiv-Stadthaus Frankfurt, 2012-2015, HHS Planer + Architekten

Auch Heizung und Warmwasser wird in dem Bauwerk über den Strom der Solaranlage betrieben, die Wärmequelle stellt dabei ein nahegelegener Abwasserkanal dar, dem über Wärmetauscher Wärme entzogen wird. Durch die Speicherung der Energie in Batterien wird der Eigenverbrauch der erzeugten Energie erhöht. Zudem wird der Strom den über Carsharing nutzbaren Elektroautos sowie Elektrofahrrädern im Erdgeschoss zugeführt. Interessant ist zudem, dass die Mieter eine Art Energie-Flatrate zahlen, die einen normalen Strombedarf abdeckt. Um hierdurch keinen sorglosen Umgang mit Strom zu fördern, können die Bewohner ihren Energiebedarf über Tablets in ihren Wohnungen ablesen, ein anonymisiertes Ranking schafft Vergleichbarkeit in der Hausgemeinschaft.

Aktiv-Stadthaus Frankfurt, 2012-2015, HHS Planer + Architekten

Auftraggeber ist die stadteigene Frankfurter Wohnungsbaugesellschaft ABG Holding, die bereits über 1.600 Wohnungen in Passivhausbauweise betreibt. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesumweltministerium, dem Bundesinstitut für Bau-, Raum- und Stadtforschung (BBSR) und der Forschungsinitiative Zukunft Bau, für die der Bau auch als Forschungs- und Präsentationsobjekt für nachhaltiges Bauen im Bereich des Mehrfamilienhauses dienen soll. Durchgeführt wird die Forschung durch das Stuttgarter Steinbeis Transferzentrum sowie den Lehrstuhl Entwerfen und Energieeffizientes Bauen der TU Darmstadt, an dem der 2016 verstorbene Bürogründer Manfred Hegger als Professor lehrte.
Elina Potratz

Aktiv-Stadthaus, Frankfurt am Main
Architekten: Hegger Hegger Schleiff Planer + Architekten, Kassel
Auftraggeber: ABG Frankfurt Holding Wohnungsbau- und Beteiligungsgesellschaft, Frankfurt am Main
Forschung: TU Darmstadt, Lehrstuhl Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, Prof. Manfred Hegger, Darmstadt; Steinbeis Transferzentrum (Energie-, Gebäude- und Solartechnik), Stuttgart
Technische Gebäudeausstattung: EGS-Plan Ingenieurgesellschaft für Energie-, Gebäude- und Solartechnik, Stuttgart
Tragwerksplanung: B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann, Frankfurt am Main
Bearbeitungszeitraum: 2012 – 2015
Leistungsphasen: 1 – 9
BGF / BRI: 11.700 Quadratmeter / 38.000 Kubikmeter
Gesamtkosten netto: 18,35 Millionen Euro

weitere Projekte aus dem Call for Projects „Houston, we have a problem“ können Sie in der Übersicht hier einsehen.

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