Die TU Braunschweig verabschiedet sich vom alten Studiensystem

Bis denne, Diploma

Anders als bei Geistes- und Sozialwissenschaften, die vorrangig dem schriftlich fixierten Wort verhaftet sind, werden Abschlussarbeiten von Architekturstudenten meist nicht systematisch an der Hochschule archiviert – wie auch, man müsste sonst wahrscheinlich überdimensionierte Magazine dafür schaffen. Also bleibt den Studenten nur das Aufbewahren im eigenen Heim, im Schrank, an der Wand oder auf dem Dachboden. Das Diplomprojekt geht den Weg seiner Verfasser und migriert in die ganze Welt.

Die TU Braunschweig hatte sich, so gesehen, einem recht aufwendigen Vorhaben verschrieben: Sie suchte Diplomarbeiten aus siebzig Jahren Hochschulgeschichte aus, die die Sammlung für Architektur und Ingenieurbau (SAIB) sowie das Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt (GTAS) an der TU Braunschweig gesammelt, erschlossen und aufbereitet hat – 208 aus über 5000 Diplomarbeiten kamen zusammen. Aus diesem Fundus haben sie eine Ausstellung zusammengestellt, die einen Überblick bietet, der mindestens ebenso viel über den Wandel der Ausbildung, der Darstellungsformen und Arbeitsweisen wie auch über die Architekturhistorie seit 1945 im Allgemeinen und die Entwicklung der sogenannten Braunschweiger Schule mit ihren prägenden Lehrerpersönlichkeiten Friedrich Wilhelm Kraemer, Dieter Oesterlen und Walter Henn im Besonderen verrät.

Äußerer Anlass für die Ausstellung war das Sterben eines akademischen Grades in der Architektenausbildung: 2015 wurden die letzten Diplome an der TU Braunschweig  verliehen, ab jetzt beenden Studierende nur noch mit dem Bachelor oder Master ihr Studium. Der Ausstellungstitel „Findbuch Braunschweiger Schule“ verweist ebenso auf eine abgeschlossene Epoche: Hat man früher Findbücher in papierner Form als Verzeichnis von Archivalien benutzt, sind sie heute durch online zugängliche Datenbanken ersetzt.

Die Schau ist ähnlich einem Index nach Stichworten wie „Aufbruch“, „Zeichensaal“, „Auto“, „Leere“ und „Tragwerk“ geordnet. Sie ist demnach nicht chronologisch aufgebaut, sondern in einer Gegenüberstellung von Bauaufgaben, Darstellungsmodi, Studiumbedingungen und Problemstellungen, auf die man zu verschiedenen Zeiten verschiedene, oder auch ganz ähnliche, Antworten fand und findet.

Red.

Findbuch Braunschweiger Schule. Architekturdiplom 1945 – 2015

bis 21. Juni 2015
Begleitprogramm
Öffnungszeiten: Mo – Fr. 12.00 – 18.00 Uhr, Sa und So 10.00 – 16.00 Uhr
Eintritt frei

Architekturpavillon der Technischen Universität Braunschweig
Pockelstraße 4
38106 Braunschweig

Fotos Eröffnung: Inés Aubert

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