editorial

an ihren taten sollt ihr sie erkennen…

Im September 2019 hat der Bundesvorstand des BDA in Dortmund ein neues Präsidium gewählt: Erstmals in der Geschichte des BDA ist mit Susanne Wartzeck aus Dipperz in der Rhön eine Frau an der Spitze des Bundes. Mit ihrer Wahl endete die Amtszeit von Heiner Farwick, der nach sechs Jahren nicht wiedergewählt werden konnte. Mit ihm scheiden auch der Vizepräsident, Kai Koch aus Hannover, Erwien Wachter aus Seebruck / Chiemsee und Florian Boge aus Hamburg aus. Weiter geht es für den Münsteraner Christian Schmitz, der zu Susanne Wartzecks Team gehören wird.

Im Rückblick erscheinen die Jahre des gerade aus dem Amt geschiedenen Präsidenten als besonders fruchtbare Jahre für den BDA. Farwick und seine Mitstreiter haben die Aufbauarbeit, die Kaspar Kraemer und Michael Frielinghaus als Amtsvorgänger nach dem UIA-Debakel 2002 geleistet haben, brillant genutzt. Der 2003 neu strukturierte BDA hat inzwischen die internen Querelen, die damals schwelten und manchmal ausbrachen, überwunden. Die verbandstypischen Dissonanzen zwischen Bundesverband und Landesverbänden sind weitestgehend verschwunden, die gemeinsame Arbeit wird von Kollegialität und Vertrauen getragen. Die zeitweise dominante Überbetonung berufspolitischer Interessen, die mitunter gerne in Verbänden zur Kaschierung inhaltlicher Schwächen eingesetzt wird, haben Heiner Farwick und sein Präsidium endgültig in den letzten zwei Jahren ihrer Amtszeit hinter sich gelassen. An die erste Stelle der Bundesarbeit ist seitdem die politische Positionierung des BDA gerückt – ein vielfach gefordertes und angesichts der bundespolitischen Defizite in den Kernbereichen Bauen und Wohnen unübersehbar nötiges Unterfangen, das jedoch einen entsprechenden Vorlauf benötigt hat. Die souveräne und unaufgeregte Art, mit der Heiner Farwick auf politischem Parkett durch abgewogene, aber entschiedene Argumentation Boden für den BDA gut gemacht hat – oft auch bestens in Szene gesetzt durch den Bundesgeschäftsführer Thomas Welter –, hinterlässt allgemein großen Eindruck.

Die Verabschiedung der politischen Grundsätze des BDA beim 14. BDA-Tag in Hamburg 2018 war ein erstes Zeichen dafür, dass der Verband in der Lage ist, die mitunter konzeptlos und getrieben agierende Bundespolitik auf einer inhaltlichen Ebene zu bereichern und zu unterstützen. Denn das vordergründig als Selbstverpflichtung der BDA-Architekten zu verstehende Papier beinhaltet letzten Endes ein architekturpolitisches Programm, das jenseits aller Parteipolitik den Anspruch auf Verallgemeinerbarkeit erhebt. Dass die Politik das inhaltliche Potential der Architektinnen und Architekten im BDA erkannt hat, zeigt sich in den verschiedenen Kooperationen, die der Bund angeboten und die sich insbesondere in der Ausstellung zum Wohnen „Neue Standards“ und der Präsenz des Ministeriums bei BDA-Veranstaltungen niedergeschlagen hat: Der BDA wird gehört.

Foto: Andreas Denk

Am Tage der weltweiten Demonstrationen, bei dem Millionen Menschen für ein Umdenken im Angesicht des Klimawandels demonstrieren, darf man sagen, dass der BDA auch hier den Anschluss gefunden hat. Das Manifest „Das Haus der Erde“ von 2019, das das in der Ägide von Michael Frielinghaus verfasste und veröffentlichte „Klima-Manifest“ ergänzt und erneuert und das beim letzten BDA-Tag in Halle verabschiedet wurde, setzt den Bund Deutscher Architekten nun an die Stelle, wo er hingehört. Auch wenn tatsächlich längst nicht immer davon die Rede sein kann, dass Architekten die „Seismographen“ der Gesellschaft seien, so ist die Architektur nicht nur manchmal, sondern immer politisch, und der Beruf des Architekten ist es genauso. Das wird zu keinem Zeitpunkt klarer als gerade jetzt, wo sich eine Großzahl der Bundesbürger ihrer ökologischen Verantwortung gegenüber der Welt und den nachfolgenden Generationen bewusst werden. Mehr als 60 Prozent der Bundesbürger glauben, dass entschiedene Maßnahmen gegen den Klimawandel wichtiger sind als die Rücksicht auf wirtschaftliche Interessen. Das wird auch die Politik nicht übersehen können, zumal sich das gerade vorgestellte „Klimapaket“ der Bundesregierung eher als „Sterbehilfe für das Weltklima“ darstellt, wie der Kieler Klimaforscher Mojib Latif meinte. Schon deshalb ist es genau der richtige Zeitpunkt, an dem die BDA-Architekten mit allem Ernst und Nachdruck ihre entschiedene Haltung auch auf den politischen Ebenen, beim Bund, in den Ländern genauso wie in den Städten und Kommunen verdeutlichen und zu erkennen geben, dass sie sich mit ihrem ganzen Wissen, Können und Wollen für einen Paradigmenwechsel in Architektur und Stadt einsetzen wollen.

Susanne Wartzeck, die neue BDA-Präsidentin, ist eine klar denkende, politisch sehr bewusste und engagierte Architektin, die sich der Möglichkeiten und Notwendigkeiten ihres Amtes wohl bewusst ist. Sie wird das politische Erbe des letzten Präsidiums aufnehmen und weiterführen, wofür der Boden bereitet ist. Allein kann sie viel, aber nicht alles schaffen. Um politisch – und vor allem gesellschaftlich – glaubhaft zu sein, müssen die Architektinnen und Architekten im BDA nicht nur gemeinsame Manifeste verabschieden, sondern sie müssen sie auch in einem gemeinsamen Geist leben: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“: Am Maß der Unterstützung und gelebten Solidarität, die das neue Präsidium aus den eigenen Reihen bekommt, wird sich die Ernsthaftigkeit ablesen lassen, mit der die besten Architektinnen und Architekten Deutschlands gewillt sind, ihren Teil zu einem notwendigen grundsätzlichen gesellschaftlichen Wandel beizutragen. Glückauf!
Andreas Denk

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