tatort

Ein heiliger Ort

Wir suchen ein Bauwerk, das eine besondere Rolle in der Nachkriegs-Architekturgeschichte spielt oder gespielt hat – sei es durch eine besondere Eigenschaft, eine ungewöhnliche Geschichte oder eine spezifische Merkwürdigkeit. Lösungsvorschläge können per Post, Fax oder E-Mail an die Redaktion gesandt werden. Unter den Einsendern der richtigen Antwort verlosen wir ein Buch. Einsendeschluss ist der 19. November.

Die Stadt, in der unser diesmaliger Tatort steht, liegt im westlichen Westdeutschland. Der Ort wurde im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört. Auch der aus der Gotik stammende Vorgängerbau des „tatort“ wurde 1944 ein Opfer der Bomben. Hier wurde als besondere Attraktion ein Stück der Schädelkalotte einer Heiligen aufbewahrt, die die Großmutter Christi gewesen sein soll. Jedes Jahr pilgerten Tausende von Menschen an den Aufbewahrungsort.

Tatort 5 / 2018, Foto: Andreas Denk

Der Neubau des „tatorts“ erfolgte zehn Jahre später an derselben Stelle. Der Architekt, ein ausgewiesener Spezialist für diese Bauaufgabe in praktischer wie in theoretischer Hinsicht, entwarf ihn als großen kistenförmigen Saal, dessen südliche, fast vollständig verglaste Seite sich trapezförmig nach Osten erweitert, um den Pilgern der verehrten Schädeldecke Platz einzuräumen, die dort in einem eigenen Schrein aufbewahrt wird. Die eigentümliche Raumentwicklung über einem L resultiert aus Konzepten des Architekten zu einer „Heiligen Fahrt“ und einem „Heiligen Aufbruch“. Unter diesen Begriffen fasste er die Raumform des „Wegs“ und des „offenen Rings“, die hier kombiniert wurden. Der Gesuchte verstand die Verschmelzung dieser Raumkompartimente als „heilige Siedlung“, die je nach zeremoniellem Bedarf in kleine oder große Abschnitte unterteilt werden kann. Der Architekt verwendete das Abbruchmaterial des zerstörten Vorgängerbaus, baute ein erhaltenes Portal des gotischen Vorgängers in den Neubau ein und integrierte zahlreiche überlieferte Ausstattungsstücke in die neuen Räumlichkeiten. Wesentliche zeitgenössische Ausstattungsstücke, die unter anderem an der Außenwand des Gebäudes angebracht wurden, fertigte der Bildhauer Ewald Mataré. Den „Lebensbaum“ in der Ostwand des Hauses entwarf der Architekt hingegen selbst. Wo steht der „tatort“, wann ist er entstanden, und wer war sein Architekt?

Lösung aus der architekt 4 / 18: Gesucht wurde diesmal das „Haus des Lehrers“ am Berliner Alexanderplatz, das Hermann Henselmann (mit B. Geyer und Jörg Streitparth) zwischen 1961 und 1964 entwickelte. Den „Bauchbinde“ genannten umlaufenden Fries „Unser Leben“ aus 800.000 Mosaiksteinen entwarf Walter Womacka. Gewinnerin des Buchpreises ist Claudia Beger aus Erfurt.

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