point de vue

Im Dialog mit der nächsten Generation

Alice Sárosi: Sie widmen sich als Mitglied des BDA-Präsidiums der Frage nach Relevanz und Rolle des BDA bei der jüngeren Architektengeneration. Dieses Thema wird derzeit gemeinsam im Bundesverband und auch in den Landesverbänden engagiert diskutiert. Im Oktober traf sich in Berlin erstmals eine Arbeitsgruppe zum gemeinsamen Gedankenaustausch. Worin besteht die Intention dieser Initiative?
Kai Koch: Die Initiative geht ursprünglich auf eine in der Bundesvorstandssitzung in Hannover vorgetragene Anregung des BDA Rheinland-Pfalz zurück, sich verstärkt mit der Situation von jungen Architekten und kleineren Büros auseinanderzusetzen. Beide Gruppen, die Jungen und die kleinen Büros, haben strukturelle Ähnlichkeiten, was etwa den sogenannten Marktzugang betrifft. Wir haben unter anderem eine Synopse der verschiedenen Initiativen und Formate der einzelnen Landesverbände erstellt, die als Grundlage für den Erfahrungsaustausch dienen kann. Die heutige Praxis der Vergabe hat ja zum einen erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen für die genannten Gruppen, zum anderen wird besonders der berufliche Nachwuchs durch restriktive Zugangsbeschränkungen von jeglicher Teilhabe am baukulturellen Diskurs der Gesellschaft ausgeschlossen. Diese einseitige Überbewertung quantifizierbarer „Erfahrung” führt zu einer Verarmung möglicher Lösungsstrategien, die meines Erachtens auch nicht im Interesse der Gesellschaft liegen kann.

Sie haben sich damit auseinandergesetzt, Inhalte und Aktivitäten des BDA an die jüngere Architektengeneration heranzutragen. Welche Themen und Fragestellungen sind virulent?
Wir müssen uns fragen, wie der BDA von außen gesehen wird. Er wird ja auch als Meinungsführer in zentralen berufspolitischen Fragen wie dem Wettbewerbswesen oder der Honorarordnung wahrgenommen – Themen, die auch für den Nachwuchs von Interesse sind. Bezüglich der inhaltlichen Positionierung gegenüber der jüngeren Generation möchte ich auf die Arbeit des DAZ verweisen, die zumindest in Berlin auf eine breite Resonanz bei jungen Architekten, die nicht im BDA sind, stößt. Die hier praktizierte Erschließung von Themenfeldern und Interaktions- und Diskursformen könnte beispielhaft sein. Ziel sollte es sein, die Arbeit des DAZ auch stärker in die Aktivitäten der Landesverbände einzubeziehen.

Welche Bedeutung messen junge Architekten und Architektinnen heute dem Wertekanon des BDA zu – zum Beispiel Integrität, Qualität, Kollegialität und Solidarität? Ist dieser Wertekanon für jüngere Kolleginnen und Kollegen noch verbindlich?
Wir können seit einigen Jahren beobachten, wohin eine Reduktion sozialer und kultureller Inhalte der Gesellschaft auf rein ökonomische Gesichtspunkte unter dem Paradigma des Marktes führt. Hier sehe ich eine notwendige Rückbesinnung auf eine wertebasierte Betrachtung, für die der BDA in Hinblick auf die Entwicklung der Stadt und des Bauens traditionell steht. Und genau hier erwartet der BDA im Diskurs mit der nachwachsenden Architektengeneration eine entscheidende inhaltliche Bereicherung, die für unseren Bund überlebenswichtig ist. Bei der Frage nach den „inneren Werten” des BDA wie Kollegialität und Solidarität müssen wir uns allerdings selbstkritisch fragen, ob wir hier immer unsere eigenen Ansprüche und die erhoffte Attraktivität erfüllen.

An welche Formate zur Vermittlung haben Sie gedacht? Wie kann die Attraktivität des Verbandes für jüngere Architekten sichtbar gemacht werden? Welche bereits existierenden Formate sehen Sie beispielgebend?
Die Frage ist, wie wir den Nachwuchs in den verschiedenen Stadien seines Werdegangs ansprechen. In der Phase des Studiums geschieht dies häufig über Studentenwettbewerbe oder Förderpreise. Schwieriger erscheint uns die Situation nach dem Studium. Hier finde ich beispielsweise das Trainee-Programm des BDA Hessen sehr interessant, in dem junge Absolventen in BDA-Büros mit den Qualitätsansprüchen und Arbeitsweisen im konkreten Berufsalltag konfrontiert werden. Ferner ist die Ansprache über die Architektenkammern möglich, wie sie etwa in Nordrhein-Westfalen praktiziert wird. Letztlich müssen die Landesverbände hier Initiativen entwickeln, die ihren jeweiligen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten entsprechen. Die Ergebnisse unserer Arbeitsgruppe sollen Anregung sein und den Erfahrungsaustausch fördern.

Welche Motive bewegen die jüngere Architektengeneration zu einer Mitgliedschaft im BDA? Werden diese Motive in der Arbeit des BDA abgebildet?
Der BDA erfreut sich in Politik und Verwaltung großer Wertschätzung aufgrund seiner langen Tradition einer ernsthaften und wertegebundenen Inhaltsdebatte. Für die jüngere Architektengeneration kann er zu einem wichtigen Resonanzboden für zukunftsweisende Diskussionen sein. Und ganz praktisch kann der BDA als gewachsenes Netzwerk Zugang zu Aufgabenfeldern und Kooperationsformen bieten, die den schon angesprochenen restriktiven Rahmenbedingungen Rechnung tragen – in dieser Form kann das meines Erachtens nur der BDA leisten.

Wie können Landesverbände und ihre Kreisgruppen in eine neue Kommunikationsstruktur des BDA eingebunden werden?
Ganz grundsätzlich fragen wir uns, welche Botschaften wir intern und extern kommunizieren wollen. Der große Reichtum des BDA liegt ja in seiner regionalen Vielfalt und der Konkretisierung abstrakter Inhalte vor Ort. Leider bleibt nach meinem Eindruck viel davon in der internen Kommunikation zwischen Bund und der Basis in den Ländern und Gruppen auf der Strecke, wenn man dies dem Up- and Downstream etwa über den Bundesvorstand überlässt. Hier ist eine stärkere Quervernetzung zwischen regionalen Gruppen erforderlich, wie sie zum Beispiel – wir sind beim Thema „Nachwuchs” – der AKJAA erfolgreich praktiziert.

Kai Koch (*1954) studierte Architektur an der Universität Hannover (Diplom 1983). Bereits während seines Studiums erhielt er 1981 den Schinkelpreis Berlin. Seit 1985 ist er freischaffender Architekt in Hannover. Ab 1997 besteht die Büropartnerschaft mit Anne Panse (KOCH PANSE ARCHITEKTEN). Das Büro erhielt 1997 den BDA Preis Niedersachsen. Von 1998 bis 1999 Lehrauftrag an der FH Hildesheim, 2000 Lehrauftrag Uni Hannover. Von 1999 bis 2003 war Kai Koch im Gestaltungsbeirat der Landeshauptstadt Hannover (Kollegialgespräch) vertreten. Die Berufung in den BDA erfolgte 1990. Von 1992 bis 1997 war er im Bezirksvorstand BDA Hannover, von 1997 bis 1998 im Vorstand Werkbund Nord (Niedersachsen, Bremen), er arbeitete in diversen Ausschüssen der Vertreterversammlung der AK Niedersachsen, war von 1999 bis 2002 Stellvertretender Landesvorsitzender und von 2003 bis 2007 Landesvorsitzender des BDA Niedersachsen und Mitglied im Bundesvorstand.

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