kern und these

BDA-Positionen zur Novelle des Vergaberechts

Die erstmals 1997 eingeführte und 2009 novellierte Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) hat massiv die Vergabe öffentlicher Planungsleistungen verändert. Wie der aktuelle Wettbewerbsmonitor des Fachmagazins competition belegt, dominieren restriktive Zugangsbedingungen die Vergabeverfahren. Der klassische offene Wettbewerb hat Seltenheitswert. Diese Entwicklung hat einschneidende Wirkung auf die wirtschaftliche Situation vieler Architekturbüros, die aufgrund hoher Eignungskriterien bei Verhandlungsverfahren keinen Zugang zu öffentlichen Aufträgen mehr haben.
Bietet die europarechtlich notwendige Novelle des Vergaberechts die Chance, faire Teilnahmebedingungen und eine qualitätsorientierte Vergabe von öffentlichen Planungsleistungen für Vergabeverfahren zu verankern? Die Vergaberichtlinie der Europäischen Union (Richtlinie 2014/24/EU vom 26. Februar 2014) muss bis zum 18. April 2016 in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Bundesregierung reformiert in diesem Zuge die komplexe Struktur des deutschen Vergaberechts, um eine anwenderfreundliche sowie mittelstands- und wettbewerbs-orientierte Vergabe öffentlicher Aufträge zu erreichen. Dabei sollen die Vergabe von Architektenleistungen und die Wettbewerbsauslobung nicht mehr in einer eigenständigen VOF, sondern in einem separaten Abschnitt der Vergabeverordnung (VgV) geregelt werden. Der Referentenentwurf für die Vergabeverordnung wird für Sommer 2015 erwartet.

Für den anstehenden Reformprozess hat der BDA nachfolgende vier Kernforderungen formuliert:

Mehr Kreativität zulassen – Reduktion formaler Eignungskriterien
Der BDA fordert die derzeit restriktive Vergabepraxis aufzubrechen, bei der in der Regel Referenzen als Eignungsforderung verlangt werden, die identisch mit der Bauaufgabe sind. Dies schließt diejenigen Architekturbüros von der Vergabe aus, die innerhalb enger zeitlicher Grenzen keine identische Bauaufgabe realisierten, obwohl sie mit vergleichbaren Projekten ihre Eignung unter Beweis stellen könnten. Das Oberlandesgericht München bemängelt in diesem Zusammenhang: „… da ein Newcomer keine vergleichbaren Referenzen vorlegen kann, erhält er den Auftrag nicht und weil er den Auftrag nicht erhalten hat, kann er auch bei zukünftigen Ausschreibungen keine vergleichbare Referenz vorlegen“. Das führt über einen längeren Zeitraum zu einer Beschränkung des Marktes und zu einer Privilegierung spezialisierter Büros mit dramatischen Folgen für die heute diversifizierte Bürolandschaft deutscher Architekten.

Der BDA fordert in der Novelle des Vergaberechts, die Eignungsanforderungen deutlich zu begrenzen. Als Nachweis der Eignung genügt der Kammereintrag; sollte eine Auswahl begründet unumgänglich sein, erfolgt diese anhand von Qualitätskriterien. Der zweiphasige Wettbewerb bietet hier ein geeignetes Verfahren, um eine qualitätsorientierte Auswahl der Teilnehmer auf Basis der gezeigten inhaltlichen Eignung in der ersten Phase zu treffen.

Werden Referenzen als Kriterien herangezogen, müssen sie nach Ansicht des BDA generell dem Auftrag angemessen und durch diesen gerechtfertigt sein und nicht identische Bauaufgaben abfragen. Der Zeitraum für den Nachweis der Leistungen ist zudem auf zehn Jahre auszuweiten. Planungen, wie beispielsweise nicht oder noch nicht realisierte Wettbewerbsbeiträge, sind ebenfalls anzuerkennen.

Stärkung offener Planungswettbewerbe
Zentral ist die Forderung des BDA nach offenen Planungswettbewerben. Sie sind das beste Verfahren zur Qualitätssicherung, da die Auftragsvergabe nicht auf einer Prognose – wie bei Vergabeverfahren ohne Planung –, sondern auf der im Leistungswettbewerb entwickelten Lösung für die konkrete Bauaufgabe beruht. Daher fordert der BDA entsprechend der neuen EU-Vergaberichtlinie, die explizit auf die Komplexität der Vergabe von Architektenleistungen eingeht, den Vorrang des Wettbewerbs nach RPW in der Vergabeverordnung.

Chancen für kleine und junge Architekturbüros
Explizit strebt die EU-Vergabeordnung an, die Teilnahme für kleinere und mittlere Büros im Wettbewerb um öffentliche Aufträge zu erleichtern. Die bisherigen Regelungen der VOF erreichen dieses Ziel nicht, wie die Vergabepraxis deutlich zeigt. Deshalb fordert der BDA den Verordnungsgeber auf, in der Vergabeordnung rechtssichere Verfahren und Bewertungen für eine faire Beteiligung in der Praxis vorzugeben. Dafür ist in der Vergabeverordnung zu definieren, dass Bewerbergemeinschaften bei der Bewertung ihrer Referenzen gegenüber Einzelbewerbungen nicht benachteiligt werden. Nur so erfährt der Zusammenschluss junger und kleinerer Büros mit Partnern die ernsthafte Chance, die geforderten Eignungskriterien gemeinsam nachzuweisen.

Transparenz
Der Grundsatz der Transparenz bedingt, dass alle Kriterien für die Auftragsvergabe vorab bekannt sind. Daher fordert der BDA, dass künftig in der Auftragsbekanntmachung alle Anforderungen für eine erfolgreiche Bewerbung benannt werden. Dazu gehören die Beschreibung der Mindestanforderungen, der Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie der Bewertungsmatrix für das Verhandlungsverfahren.

Die Qualität des Planens und Bauens ebenso wie die Berufsbedingungen der Architekten werden maßgeblich von der Ausgestaltung der Vergabeverordnung bestimmt. Der BDA steht für gute Architektur und Städtebau und fordert eine faire und transparente Ermittlung der besten Lösung im freien geistigen Wettbewerb. Der diesjährige BDA-Tag am 4. Juli in Berlin wird unter dem Titel „Haltung bitte! Qualität durch eine faire Wettbewerbskultur“ das Positionspapier für eine Debatte zwischen BDA-Architekten und Politik vorstellen.

Olaf Bahner

Fotos: David Kasparek

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