architekten und richter

Gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung

Die seit Jahren bestehende Kolumne „architekten und richter“ führt zwei Protagonisten auf, die es schwer miteinander haben, insbesondere wenn es um das gegenseitige wertschätzende Miteinander geht. Da sind zunächst die Planer, die sich nur allzu häufig missverstanden fühlen, wenn es um die gerichtliche Durchsetzung von Honoraransprüchen geht – weil eine andere Streitbeilegungsmöglichkeit mit dem Auftraggeber nicht in Betracht kommt. Ebenso verhält es sich, wenn sich der Architekt gerichtlich durchzusetzenden Haftungsansprüchen des Auftraggebers gegenübersieht. Nicht nur, dass Architektenhonorarprozesse zumeist zu Haftungsprozessen mutieren, sondern darüber hinaus auch noch das Füllhorn der – so zumindest beim Architekten gefühlt – unübersehbaren Haftungsansprüche sich quasi kübelweise über ihm ergießt und er emotional kaum Auswege erkennt, sich der Haftung des Auftraggebers zu entziehen. Zumindest die empfundene Unbill steigert sich geradezu ins unermessliche, vergegenwärtigt sich der Planer, dass doch auch seit einigen Jahren das Bundesverfassungsgericht den Architekten die höchste Wertschätzung entgegenbringt, wenn die Verfassungshüter (vgl. Beschluss vom 26.09.2005 – 1 BvR 82 / 03) herausdestillieren, dass die Sicherung und Verbesserung der Qualität der Planungstätigkeit ein legitimes Ziel des Gesetzgebers darstelle: zumal die Herbeiführung dieses Qualitätsanspruches durch die HOAI erreicht werden soll, da gerade dem Planer jenseits von Preiskonkurrenz ein Freiraum zu verschaffen ist, hochwertige Arbeit zu erbringen, die sich im Leistungswettbewerb der Architekten – und nur hierin – bewähren muss.

Die Betrachtung der Richterseite, wird diese mit Honorar- und Haftungsprozessen betraut, ist eine gänzlich andere. Schon das Richteramt ist darauf ausgelegt, dass das Entscheidungsgremium nur dem Gesetz verpflichtet ist. Und hier beginnt bereits das empfundene Übel auf der Planerseite. Dass das Architektenwerk nun einmal – und dies bereits seit Jahrzehnten – dem Werkvertragsrecht unterfällt und damit auch der gesetzgeberisch normierten Erfolgshaftung, ist zwar den Architekten hinlänglich bekannt, jedoch nicht in ihren damit verbundenen Rechtsfolgewirkungen, wenn es um Haftung geht. Ebenso wenig, so muss bedauerlicherweise konstatiert werden, steht es um das Wissen um eine HOAI-konforme Abrechnung und eine auch frühzeitige wirksame Honorarvereinbarung (zur Absicherung des eigenen Honoranspruches) in der Planerzunft häufig nicht zum Besten. Da ist es frustran, sich richterseits dann vorhalten lassen zu müssen, dass zwar Leistungen durchaus planerseitig erbracht worden sind, diese jedoch als akquisitorische Tätigkeit noch qualifiziert werden müsse und damit ein Honoraranspruch entfalle. Selbstverständlich sind dies alles Einzelfallentscheidungen, die die Gerichte auf der Grundlage höchst individueller einzelfallprägender Merkmale auszuurteilen haben. Dass hier und da auch kein ausreichendes Verständnis für den Architektenberuf bei dem einen oder anderen Richter vorhanden ist, mag angehen, zumal sich seit Jahrzehnten eine hochdifferenzierte einzelfallbezogene Rechtsprechung für diesen Berufsstand herausgebildet hat.

Folglich kann nur postuliert werden, dass Architekten und Richter aufeinander zugehen müssen, was nicht nur im Rahmen der direkten konfrontativen Auseinandersetzung bei Gerichtsstreitigkeiten zu geschehen hat, sondern schon vorher anknüpfend. In der Architektenschaft muss ein stärkeres Durchdringen der rechtlichen Komponenten Platz greifen. Recht ist und darf kein – wie seit Jahrzehnten feststellbar – Buch mit sieben Siegeln für den Planer sein und bleiben. Nur diese Erkenntnis führt die zukünftige Generation der Planer in die erforderliche sensibilisierende Richtung, Recht auch als einen wesentlichen Teil ihrer Berufsausübung zu verstehen und damit schon im Vorwege ein nachhaltigeres – als bisher geschehenes – Wort bei der Gesetzesentwicklung zum Werkvertragsrecht mit dem Gesetzgeber und den teilnehmenden Richtern mitzusprechen: professioneller ausgerichtet zu sein bei der Wahrung der eigenen Honorar- und Vertragsgestaltungsinteressen, das ist die anzustrebende Maxime. So und nur so kann und wird sich das Verhältnis Architekten und Richter verbessern und einer zunehmenden gegenseitigen Wertschätzung und dem erforderlichen Verständnis zuträglich sein.
Friedrich-Karl Scholtissek

Friedrich-Karl Scholtissek ist Rechtsanwalt und Anwaltsmediator, Lehrbeauftragter an der HafenCity Universität Hamburg (HCU) für Bau- und Architektenrecht sowie Vertrauensanwalt des BDA in Hamburg und Autor des HOAI 2009-Kommentars.

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