Zwei Ausstellungen des MA:I

Kirchenräume und ein Architektenleben

Das MA:I, das wandernde Museum für Architektur und Ingenieurkunst in NRW, zeigt in diesem Jahr eine monografische und eine Überblicks-Ausstellung, die sich in einigen Punkten thematisch treffen: Es geht um Visionen und die Relevanz von Bauten unter veränderten, gesellschaftlichen Vorzeichen; um Leerstand, Umnutzung und Anpassung an verschiedene Nutzungsbedürfnisse.

Die erste Schau widmet das Museum Paul Schneider-von Esleben, der im Jahr 2015 seinen 100. Geburtstag hätte. Zu den Bauten des Düsseldorfers gehören die Rochus-Kirche, das Mannesmann-Hochhaus und die Haniel-Garage, der Köln-Bonner Flughafen und das Wuppertaler Sparkassengebäude. Heinrich Klotz sagte zu seiner Architektur, sie spiegelten die stilgeschichtlichen Entwicklungen der ersten zwei Jahrzehnte nach dem Krieg wie eine „Architekturgeschichte im Kleinen“. Stets begriff Schneider-Esleben sie als Gesamtkunstwerk – vom Mobiliar bis hin zur Kunst am Bau. Das MA:I portraitiert sie und den Architekten in Plänen, Zeichnungen, Fotos und Filmen und wirft auch die Frage auf, wie wir heute mit den Bauten der sechziger und siebziger Jahre umgehen und auf welche Art wir sie nutzen können. Gezeigt wird die Ausstellung unter anderem in einer Bau-Ikone des Architekten selbst – dem Mannesmann-Hochhaus am Düsseldorfer Rheinufer, einem schlanken Hochhaus in Skelettbauweise mit Rasterfassade aus Glas und Stahlblechelementen.

Auch in einer weiteren MA:I-Ausstellung sind Fragen des Umgangs mit nach 1945 entstandenem Kulturgut virulent: Wie gehen wir mit der sehr hohen Anzahl von funktionslos gewordenen Kirchenbauten um, die insbesondere im Rheinland in großer Zahl vorhanden sind? Schon in den zwanziger und dreißiger Jahren deuteten Architekten wie Dominikus Böhm und Rudolf Schwarz den Kirchenbau radikal um und fanden innovative Raumformen. Nach 1945 kam es im Rheinland zu einem wahren Kirchenbau-Boom für die vielen neu entstehenden Gemeinden und Stadtteile. Diese Bauaufgabe bot Architekten wie Gottfried Böhm weitaus mehr Gestaltungsfreiraum als allen anderen. Heute haben viele Kirchen durch schrumpfende Gemeinden ihre Funktion verloren und werden aus kommunaler Sicht mitunter als Problem wahrgenommen. Das MA:I möchte hier andocken und durch das Zeigen gelungener Transformationen in die Diskussion eingreifen.

Red.

Paul Schneider-von Esleben. Das Erbe des Nachkriegsmoderne
ab August 2015
Ausstellung u. a. im Mannesmann-Hochhaus, Düsseldorf

Kirchenräume
2. Jahreshälfte 2015

MA:I Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW
Leithestr. 33
45886 Gelsenkirchen

Fotos: Thomas Robbin, CC BY-SA 3.0/Qualle via Wikimedia Commons, Marek Gehrmann, Markus Luigs

Artikel teilen:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert