Presseerklärung von Volkwin Marg zur Neugestaltung des Kulturforums

Konzept- und phantasielos

Schon lange beschäftigt sich Volkwin Marg (gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner) mit der Neugestaltung des Berliner Kulturforums und äußert sich in regelmäßigen Abständen zur aktuellen Lage und den Planungen für das Areal. Aus Anlass der heute stattfindenden Sondersitzung des Haushaltsausschusses des Bundestages, auf der auch die 200 Millionen Euro zum Neubau eines Museums der Moderne freigegeben werden sollen, veröffentlichte Volkwin Marg am 15. Juli 2015 eine Presseerklärung, die wir hier im Originalwortlaut wiedergeben.

Bundesregierung verschenkt letzte Chance zur Neugestaltung des Kulturforums

Nach einer Vorlage des Bundesfinanzministeriums soll der Haushaltsausschuss bei seiner (heutigen, Anm. der Red.) Sondersitzung zu Griechenland auch die 200 Millionen Euro für den Bau des Museums der Moderne freigeben. Die Vorlage sieht nur einen Standort für das Museum vor: den an der Potsdamer Straße.

Damit verschenkt die Bundesregierung, insbesondere die zuständige Staatsministerin Monika Grütters nach 40 Jahren Diskussion die letzte Chance zur Neuordnung des Kulturforums. Damit bricht sie zugleich eine Ende Mai mit den für Kultur zuständigen Abgeordneten des Haushaltsausschusses getroffene schriftliche Vereinbarung, einen Ideenwettbewerb unter Architekten auszuschreiben. Die Vereinbarung hatte die Standortwahl – Potsdamer Straße oder Sigismundstraße – ausdrücklich freigestellt. Mit dem nun von der Bundesregierung verfügten einzigen Standort des Museums der Moderne an der Potsdamer Straße wird eine Störung des heutigen Ensembles der Kulturbauten riskiert und jede Zukunftsperspektive für die Brache am Kulturforum verbaut. Es spricht gegen jede politische Weitsicht der Staatsministerin für Kultur, wenn sie nach dem Motto „mein Spatz in der Hand ist mir wichtiger als eine Taube auf eurem Dach“ Kulturpolitik nur für sich selbst betreibt.

Bestürzend ist, dass sie die Vereinbarung mit den Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs (SPD), Rüdiger Kruse (CDU) und Anja Hajduk (Grüne), Wettbewerbe mit Alternativen für das Museum der Moderne auszuschreiben, mit Hilfe des Bundesfinanzministeriums hinter deren Rücken aushebelt. Die Abgeordneten werden durch die Bundesregierung vor vollendete Tatsachen gestellt und politisch unter Druck gesetzt.

Zur bitteren Ironie eines sich zuspitzenden städtebaulichen Desasters gehört, dass sich ausgerechnet die Haushaltspolitiker des Bundestages als Städtebauer für Berlin engagiert haben, während die Vertreter des Berliner Senats beim Streit über die Zukunft ihres Kulturforums bisher nur passive Zaungäste waren – konzeptions- und phantasielos.

Es stünde allen Kulturschaffenden der Bundesrepublik gut an, besonders aber denen in Berlin, ihre Stimme zu erheben und sich für ein städtebauliches Gesamtkunstwerk Kulturforum einzusetzen, das eines Weltkulturerbes würdig ist.

Prof. Dr.-Ing.h.c. Volkwin Marg

Foto: Miriam Guterland via Wikimedia

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Ein Gedanke zu “Konzept- und phantasielos

  1. Mir missfällt ebenfalls das Scheitern eines Prozesses, der Vielfalt ermöglicht hätte.
    Weniger überzeugt mich der Unterton, dass es ein einmaliges Ensemble zu bewahren gelte. Es ist doch vielmehr so, dass an diesem Ort an normaler Stadt mit vielfältigen Nutzungen und Aneignung mangelt. Die Fokussierung auf die Kulturbauten erzeugt die Ödnis des Ortes.
    Ein Stück Normalität kann auch mit dem Museumsneubau geschaffen werden, wenn im Baukörper auch andere Nutzungen Platz finden.

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