Ausstellung in der Freien Akademie der Künste in Hamburg

Luftkrieg und Städtebau

„That must not happen again!“ heißt es 1941 im kriegszerstörten Coventry. Damit ist allerdings nicht der Schrecken des Krieges gemeint, der in den 1930er und 1940er Jahren ganz Europa erfasste, sondern der traditionelle Städtebau der bis dato unversehrten englischen Stadt. Mit der sich entwickelnden Moderne Anfang des 20. Jahrhunderts entsteht eine tiefgreifende Abneigung vieler Zeitgenossen gegen die sich weiter urbanisierenden, verdichtenden Großstädte. Bei den in den 1920er Jahren sozialisierten Architekten kulminiert diese Abneigung bis zum Hass gegenüber der historischen Stadt und in der sehnsuchtsvollen Erwartung einer Möglichkeit des kompletten Neuanfangs, architektonisch wie gesellschaftlich. Diese Möglichkeit ergibt sich dann durch die großflächigen Zerstörungen des Bombenkriegs im Laufe des Zweiten Weltkriegs, dem zahlreiche Städte in ganz Europa zum Opfer fallen. Neben rein hygienischen Problemen der städtischen Verdichtung sollte die neue Stadt auch Antworten finden auf eine andere gesellschaftliche und moralische Ordnung, ganz im Sinne Bruno Tauts, der bereits 1925 schreibt: „Die Häuser bauen die Menschen“. Von einer straffer organiserten Stadt mit getrennten Funktionen, überschaubaren Siedlungseinheiten, besserer Eingliederung in die Natur wurde erwartet, auch den sittlichen Verfall zu beenden und zu mehr Ordnung, Disziplin und sozialer Kontrolle zu führen. Noch während der letzten Kriegsjahre wurde diese Euphorie jedoch trotz zahlreicher städtebaulicher Ideen und Entwürfe durch fehlende Grundstücksrechte und planungsrechtliche Werkzeuge, oder aber wegen finanzieller Schwierigkeiten, gedämpft.

Die Ausstellung „Die erwartete Katatrophe“ in der Freien Akademie der Künste in Hamburg vermittelt die städtebaulichen Planungen der kriegszerstörten Stadt im Kontext des sehnsuchtsvoll erwarteten Neuanfangs, ohne zu verherrlichen. Dabei wird das Hauptaugenmerk auf Hamburg gelegt, wo bereits 1842 durch den großen Brand die Chance zum Neuaufbau genutzt wurde, und dessen Feuersturm 1943 durch den Luftangriff „Gomorrha“ zu trauriger Berühmtheit gelangt. Begleitet wird die Ausstellung neben einem umfangreichen Filmprogramm im Metropolis Kino von zwei Publikationen von Niels Gutschow und Jörn Düwel („Ein seltsam glücklicher Augenblick“, „A blessing in Disguise“), die zusammen mit Volkwin Marg auch als Kuratoren fungierten. Die Akademie lädt zur Eröffnung am 15. August ab 18 Uhr. Das Filmprogramm findet vom 16. August bis zum 26. September statt.

Dennis Fonteiner

Die erwartete Katastrophe
Luftkrieg und Städtebau in Hamburg und Europa 1940–1945

15. August – 29. September 2013
Öffnungszeiten: Di – So 11.00 – 18.00 Uhr
Freie Akademie der Künste
Klosterwall 23
20095 Hamburg
Eintritt: 5,- Euro / erm 3,- Euro

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