System Erde und die Inversion der Zeit

Projekt Utopie

In seinem Essay geht Jörg Gleiter der Frage nach, wie sich im Anthropozän das Verhältnis des Menschen zu seiner Vergangenheit und Zukunft verschiebt. Was bedeutet heute Utopie, wenn der Blick auf die Zukunft nicht mehr mit einem Versprechen auf Freiheit und Emanzipation verbunden ist? Und wie wirkt sich das veränderte Zeitverständnis und der nun offen zutage tretende Widerspruch zwischen Mensch, Architektur und System Erde auf die gebaute Welt aus?

Viel ist von der Bauwende die Rede. Damit verbunden ist die Hoffnung auf grundlegende Änderungen und Verschiebungen im Verhältnis zwischen Architektur, Mensch und System Erde, heute im Zeitalter des Anthropozäns. Es wird damit nichts weniger als eine Zeitenwende postuliert, ein turn, wie so viele davor, etwa der linguistic turn oder der phenomenological turn. Das verbindet sich wiederum oft mit dem Präfix „post-“, man spricht von der post-industriellen Gesellschaft oder der Post-Carbon-Gesellschaft, von der Post-Historie oder vom Post-Humanismus. Müsste man dann nicht – es geht jedoch nur zögerlich über die Lippen – von einer Post-Moderne sprechen, nicht im ästhetischen, sondern im ökologischen Sinne? Also von einem Zeitalter, das einige zentrale Paradigmen der Moderne aufhebt? Oder wäre umgekehrt mit Bruno Latour festzustellen: „Wir sind noch nie modern gewesen“ (1), um dies dann, entgegen den Absichten Latours, als Aufforderung zu nehmen, nun alle Kräfte zusammenzunehmen, um wirklich modern zu werden? In dem Sinne, dass das Anthropozän uns die Chance gibt, kritisch die Defizite der Moderne zu benennen und entsprechend zu handeln.

Dann würde uns aber die schöne Redewendung von der Wende oder vom turn abhandenkommen, mit der man sich nicht ohne eine gewisse Dramatik von der unmittelbaren Vergangenheit absetzen kann. Sicherlich, jede Zeit hat das Recht, für sich in Anspruch zu nehmen, in Zeiten des Umbruchs zu leben, an der Spitze der Entwicklung zu marschieren und sich radikal von der vorhergehenden Generation abzusetzen. „Radikal“ ist das magische Wort, mit dem man sich im Namen der Cancel Culture kurzerhand aller Geschichte und allem, was den Menschen als geschichtlich Gewordenes ausmacht, entledigen kann und sich auf der vermeintlich moralisch guten Seite der Geschichte wiederfindet.

Und doch versteht man unter „radikal“ etwas anderes. Radikal heißt, zu den Wurzeln zurückzugehen. Die Aufklärer prägten dafür das Motto ad fontes oder zu den Quellen. Seit der frühen Neuzeit versteht man unter „radikal“ die Hinwendung zum Ältesten und dessen zukunftsorientierte Neuaneignung in der Perspektive der jeweils eigenen Zeit. Ein anderes Wort dafür ist „Renaissance“, wie die vielen Revivals und Wiedergeburten in der Architektur- und Kulturgeschichte.

Renaissance heißt dann, über die unmittelbare Vergangenheit hinweg weiter zurückzuschauen und am Vorvergangenen anzuknüpfen. So wie dies die Renaissance des 15. Jahrhunderts praktiziert hat und vor das Mittelalter und die Gotik zurückgehend an die Antike anknüpfte, und so, wie die Protagonisten der Moderne die Moderne als Renaissance oder Wiedergeburt verstanden. 1901 schrieb Henry van de Velde sein Buch „Die Renaissance im modernen Kunstgewerbe“. Moderne zeigt sich so als neue Zeit, für die man an eine weiter zurückliegende Zeit – metaphorisch gesprochen an der Großelterngeneration – anknüpft. Sie versteht sich als eine bestimmte Konstellation der Zeit und ist als Begriff selbst zeitlos.

Umgekehrte Utopie

Koyaanisqatsi, 1982, Regie: Godfrey Reggio, Filmstill, Copyright: Koch Films

In diesem radikalen Sinne zeichnet sich heute eine veränderte Konzeption der Zeit ab, wobei man heute im ersten Moment nicht genau wüsste, an welcher vergangenen Epoche man ansetzen sollte, die naiv genug wäre, um aus ihr Modelle der Erneuerung für die Zukunft gewinnen zu können. Es ist die schiere Dimension der vom Menschen ausgelösten Umweltprobleme, aus der eine neue Verknüpfung von Vergangenheit und Zukunft suggeriert wird, die eben weder als eine einfache Renaissance noch als eine Umkehr (was das Wort Wende im eigentlichen Sinne bedeutet) konzeptualisiert werden kann.

Andererseits muss man von einer neuen Bewusstseinskonstellation im Sinne einer Wiederkehr sprechen, die aber keine einfache Renaissance ist, insofern etwas zurückkehrt, aber in veränderter Konzeption. Angesichts der Computersimulationen einer noch kommenden Zeit, die, egal wie gewendet, nichts weniger als eine Katastrophenerzählung ist, können wir heute von einer Rückkehr des utopischen Denkens sprechen, wobei dieses nicht als das zurückkehrt, als das es Ende der 1960er-Jahre verdrängt worden war. Utopie kehrt heute zurück in der Konzeption als umgekehrte Utopie oder negative Eschatologie oder Endzeitstimmung. Die darin mitschwingende religiöse Konnotation ist Teil des Phänomens.

Utopien zeigen sich heute als computersimulierte Katastrophenszenarien. Die utopischen Entwürfe gründen in Krisenerscheinungen, sie können heute keine Erlösungsverheißungen oder Paradiesvorstellungen sein. Die architektonischen Utopien wollen und können heute „(k)eine bessere Welt abbilden“(2), wie dies Ernst Bloch noch um die Mitte des 20. Jahrhunderts in „Das Prinzip Hoffnung“ proklamieren konnte. Ihre Wirkungsrichtung hat sich umgekehrt.

Während die Utopien seit Thomas Morus oder Campanella – seien es die frühsozialistischen und marxistischen Utopien oder die Technofiktionen im Stile von Archigram oder Superstudio – ihr treibendes Moment aus der Hoffnung auf Emanzipation des Menschen bezogen, so kann bei den Anstrengungen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes nicht mehr die Rede von Emanzipation oder Gewinn von Freiheit die Rede sein.

Utopien wirken aktuell nicht so sehr in die Zukunft, als umgekehrt aus der simulierten Zukunft zurück auf die Gegenwart und bestimmen das gestalterische, konstruktive, materielle und soziale Handeln heute in dem Sinne, dass dadurch die simulierte Zukunft verhindert werden soll. Im Unterschied zu den großen Utopie-Entwürfen der Vergangenheit ist die Zukunft nicht mehr mit Freiheitsversprechen und Versprechen auf Emanzipation des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit, wie es Immanuel Kant noch für die Aufklärung formuliert hat, aufgeladen. Es gilt, gerade die simulierte Zukunft zu verhindern.

Durata oder Dauerhaftigkeit

Es lässt sich heute ein neues Zeitbewusstsein beobachten, was aber nicht heißt, dass wir es mit einer Überwindung oder dem Ende der Moderne zu tun haben. Wir beobachten dagegen, dass mit der Forderung nach Nachnutzung, Umbau, Transformation, Verdichtung und Re-Programmierung, mit allem, was die Bauwende an neuen Strategien für die Architektur suggeriert, eine gegenteilige Bewegung einsetzt: dass die Moderne dadurch eigentlich erst zu sich kommt. Nämlich insofern als der zeitgenössischen und modernen Architektur nun zugestanden wird, was man ihr bisher abgesprochen hat: Altern zu dürfen.

Die Überzeugung – oder soll man von Ideologie sprechen? – der Moderne, dass jedes Neue durch ein noch Neueres ersetzt werden muss, verhinderte bisher, dass die moderne Architektur Spuren der Zeit aufnehmen, zum Zeugnis der vergehenden Zeit und, im Sinne von Jan Assmann (3), zum kulturellen Gedächtnis einer Gesellschaft werden konnte. Die kulturelle Funktion der Architektur besteht darin, am Schnittpunkt der Zeiten zu stehen: zwischen den in ihr angelegten Zukunftspotenzialen und ihrem Identität ermöglichenden Bezug zur Geschichte. Wobei aufgrund der „longue durée“ oder ihrer Dauerhaftigkeit die Zeiten sich verschränken, Geschichte ist in der Architektur immer so viel wie vergangene Zukunft und Zukunft zukünftige Vergangenheit. Aber erst das ist Architektur: Durata oder Dauerhaftigkeit, nicht im Sinne der Denkmalpflege, sondern im Sinne der Stadt als Organismus, der sich mit den Impulsen der jeweiligen Zeit aus der Eigenlogik entwickelt. Das ist gemeint, wenn heute von der Architektur der Transformation gesprochen wird: dass etwas durch Veränderung in seinen Grundprinzipien gleich bleiben kann, ja sogar nur durch Veränderung in einem ständig sich verändernden kulturellen Kräftefeld gleich bleiben kann.

Aus dieser Perspektive gilt es festzustellen, dass die Klimakatastrophe und allgemein die prekäre Situation des Systems Erde für die Architektur keine Katastrophe ist, im Gegenteil birgt sie die Chance, dass nun endlich die moderne Architektur eine Chance erhält, Architektur im eigentlichen Sinne zu werden, dass sie im Sinne eines Dokuments (siehe der architekt 3 / 2020, Spur der Steine) zum Medium wird, in das die vergehende Zeit sich einschreibt, die Architektur dadurch zu einem wichtigen Medium des kulturellen Gedächtnisses und zum Gradmesser für die Identität einer Gesellschaft werden kann, in aller Offenheit.

Architektur und Maschine

Koyaanisqatsi, 1982, Regie: Godfrey Reggio, Filmstill, Copyright: Koch Films

Alles wird heute unter dem Aspekt des Anthropozäns gesehen. Dieses wird allgemein als jenes Zeitalter bezeichnet, in dem der Mensch gleichsam zu einer geologischen Kraft geworden ist. So tiefgreifend sind die Veränderungen im System Erde. Es sind aber nicht nur der CO2-Gehalt, das Ozonloch oder die Entwaldung der Regenwälder, sondern auch die Megastädte, die Urbanisierung, die großen Infrastrukturprojekte wie Staudämme und Straßen und die industrialisierte Landwirtschaft, mit denen der Mensch in bisher nicht gekanntem Maße ins System Erde eingreift und dieses nachhaltig verändert.

Die Frage ist aber, was aus einer solchen geowissenschaftlichen Definition für eine zukünftige Architektur folgen könnte. Ich möchte behaupten, dass daraus für die Architektur wenig folgt, abgesehen von den protestantisch eingeübten Reflexen aus Verzicht und Selbstkasteiung, was aber gerade verhindert, das Anthropozän in seinem grundlegenden Charakter für die Architektur in den Fokus zu bringen. Nämlich, dass der Mensch nicht anders kann, als unmittelbar vom ersten Sesshaftwerden an in das System Erde einzugreifen durch Transformation der Erde, um sich eine ihm angemessene Umwelt zu schaffen, dass er nicht anders kann, als die Erde zu verändern.

Der Mensch muss ins System Erde eingreifen, wie das schon Vitruv beschrieben hat, er muss Geräte, Werkzeuge und Maschinen erfinden, um als „Mängelwesen“, das im Vergleich mit den Tieren keine besonderen Eigenschaften besitzt, seine Mängel and Fähigkeiten auszugleichen. Zu den Geräten, Werkzeugen und Maschinen gehört vor allem die Architektur. Architektur oder Baukunst hat drei Teilgebiete, so schreibt Vitruv, „Ausführung von Bauten, Uhrenbau, Maschinenbau.“(4)

Es steht demnach die Architektur auf derselben Stufe wie die Maschinen, sie ist nach Vitruv selbst eine Maschine. Tatsächlich geht die Konzeption der Architektur als Gerät, Werkzeug oder Maschine bis in die Architekturtheorie der Antike zurück. Die Konzeption der Architektur als Maschine ist demnach keine Erfindung der Moderne. So ist auch die Wohnmaschine, die man immer wieder in Verbindung mit Le Corbusier bringt, keine Idee oder keine Erfindung der Moderne. Es kehrt aber in der Moderne im Kontext des Massenwohnungsbaus, in der Unitè d’habitation in veränderter Konzeption die Idee der Architektur als Maschine wieder zurück.

Exzentrizität von Mensch und Welt

Das Anthropozän lässt deutlich wie nie zuvor hervortreten, dass das Verhältnis von Mensch und Welt von der „exzentrischen Positionalität“ (5) des Menschen geprägt ist, dass nämlich der Mensch – im Gegensatz zu den Tieren und Pflanzen – in einem Spannungsverhältnis zur Welt steht, die er als außerhalb seiner selbst erlebt und in sie eingreifend gemäß seinen Bedürfnissen gestalten muss. Helmuth Plessner spricht auch von der „Ergänzungsbedürftigkeit“ (6) des Menschen durch Architektur.

Nach Plessner will aber der Mensch heraus aus der „unerträglichen Exzentrizität“. (7) Dafür muss er sich mittels der Architektur eine künstliche, ihm angemessene Umwelt schaffen. Architektur ist damit diejenige zentrale kulturelle Praxis, mit der der Mensch sich in freier Entscheidung eine ihm zuträgliche, seinen sich gleichbleibenden wie auch sich verändernden Bedürfnissen und Wünschen angemessene, bedeutungsvolle, vom Zustand der reinen Naturhaftigkeit sich unterscheidende Umwelt erschafft.

Die Beziehung zwischen Mensch und Architektur oder Mensch und System Erde ist dialektisch konzipiert. Dies ist konstitutiv für die menschliche Existenz. Damit zeichnet sich auf anthropologischer Grundlage für das Anthropozän eine andere als die geowissenschaftliche Definition ab. Das Anthropozän lässt sich als jenes Zeitalter beschreiben, in dem die immanente Dialektik zwischen den gut gemeinten Absichten des Menschen – Colin Rowe sprach von der „architecture of good intentions“ (8) – und den zerstörerischen Folgen für das System Erde offen hervortritt.

Koyaanisqatsi, 1982, Regie: Godfrey Reggio, Filmstill, Copyright: Koch Films

Das geschieht vor dem Hintergrund, dass gerade heute die Erfolgsgeschichte des Menschen in eine Katastrophengeschichte umzuschlagen droht. Kultur zeigt sich als „Metakrise“. Die Werke des Menschen scheinen sich gegen ihn zu wenden. Dabei war der Mensch doch von den besten Absichten geleitet, als er sich dem biblischen Auftrag folgend daran machte, sich mittels Geräten, Werkzeugen und Maschinen, also auch mittels Architektur, die Erde untertan zu machen, wie es im Alten Testament heißt: „Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie.“ (9)

Die These ist, dass der immanente Widerspruch zwischen Mensch und System Erde im Anthropozän nicht nur offen aufbricht und sich als konstitutiv für die Kultur zeigt, sondern dass dies zum Anlass zur kritischen Überprüfung der Logik der Kultur wird und zum Auslöser von Kreativität. Erst jetzt im Anthropozän kann der immanente Widerspruch fruchtbar und zum Ausgangspunkt für eine Neu-Gestaltung und Neukonzeption von Architektur und Gesellschaft werden.

Projekt Utopie

Wenn man die Frage stellt, was nun das Anthropozän auszeichnet und was sich ändert, bei all dem, was gleich bleibt, so ist es das Modell der Zeit und der Geschichte. In Bezug auf das Zeitmodell und seine Veränderung befindet sich die Architektur heute in einer vergleichbaren Situation wie in der Moderne.

Um zu verstehen, was das bedeutet, muss man ins 18. Jahrhundert zurückgehen. Denn damals entwickelte sich die neue, moderne Konzeption der Zeit. Sie entstand im Kontext der Querelle des Anciens et des Modernes, dem französischen Akademiestreit zwischen François Blondel und Claude Perrault. Blondel vertrat die Meinung, dass die Antike vorbildlich sei und nur nachgeahmt werden könne, ohne dass man je die künstlerische Höhe der Antike erreichen könne. Perrault dagegen forderte die Öffnung der Architektur für die Einflüsse des Zeitgenössischen. Er forderte damit nichts weniger, als dass die eigene Zeit in der Architektur sichtbar Spuren hinterlassen solle, er forderte das Flüchtige im Gültigen oder das Modische im Klassischen – also das, was in der Veränderung gleich bleibt.

Das eigentliche moderne Zeitverständnis zeigte sich aber weder bei Blondel noch bei Perrault. Es war Bernard Le Bovier de Fontenelle (1657 – 1757), der die Fixierung auf die vergangene Größe der Antike und das an ihr orientierte Fortschrittspathos überwand. Er formulierte für die Moderne die wichtige Einsicht, dass mit jedem Fortschritt auch ein Rückschritt, mit dem Fortschritt der Vernunft immer auch ein unvernünftiges Moment am Werk ist. Man kann auch von der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen sprechen, aus dessen Spannung die Moderne ihre Dynamisierung erfährt.

Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen prägt bis heute die Dynamik der Kultur, der Unterschied besteht aber darin, dass die Moderne und die moderne Architektur auf der Seite des vernünftigen Fortschritts standen, während die Entwicklungsperspektiven heute – angesichts der katastrophischen Entwicklungen – auf der Seite der unvernünftigen Momente stehen. Das neue Zeitmodell zeigt sich, wo die dynamische Kraft für die Gestaltung von Architektur und Umwelt von den vorhersehbaren Defiziten ausgeht, also vom Unvernünftigen des vermeintlich Vernünftigen.

Koyaanisqatsi, 1982, Regie: Godfrey Reggio, Filmstill, Copyright: Koch Films

Das Unvernünftige liegt heute aber nicht als ein Überwundenes tendenziell hinter uns, sondern simulierbar und voraussehbar vor uns. Wir sehen die Katastrophe als Resultat von einstmals vernünftigen Entscheidungen, die im Namen der Freiheit und der Emanzipation des Menschen gefällt worden waren und sich in das Gegenteil verkehrt haben. Wir haben es heute mit einer Inversion des modernen Zeitmodells zu tun. Das Moment der Freiheit, das die Gestaltung bisher sowie die Moderne angetrieben hat, stellt nicht mehr den alleinigen Impuls für Architektur dar. Im Gegensatz zur Definition des Anthropozäns als jene Zeit, in der der Mensch gleichsam zu einer geologischen Kraft wurde, scheint es produktiver festzustellen, dass das Anthropozän jene Zeit beschreibt, in der der immanente Widerspruch zwischen Mensch, Architektur und System Erde aufbricht, sichtbar wird und in der Spannung zwischen Mensch und System Erde zum Auslöser von Kreativität und Innovation wird.

Prof. Dr.-Ing. habil., M. S. Jörg H. Gleiter, Mitglied des BDA, war von 2005 bis 2012 Professor für Ästhetik an der Fakultät für Design und Künste an der Freien Universität Bozen. Seit 2012 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Architekturtheorie an der TU Berlin. Jörg H. Gleiter ist Mitglied des Redaktionsbeirats dieser Zeitschrift, Herausgeber der Buchreihe Architektur-Denken im Transcript Verlag und Mitherausgeber der Internetzeitschrift für Theorie der Architektur Wolkenkuckucksheim.

Fußnoten

1 Bruno Latour: Nous n’avons jamais été modernes. Essais d’anthropologie symétrique, Paris 1997.

2 Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung, Kapitel 33 – 42, Frankfurt a. M. 1985, S. 819.

3 Jan Assmann: Das kulturelle Gedächtnis, München 2000, S. 51.

4 Marcus Vitruvius Pollio: Zehn Bücher über Architektur, Kap. 1.3.

5 Helmuth Plessner: Mit anderen Augen. Aspekte einer philosophischen Anthropologie, Ditzingen 2017, S. 134.

6 Ebd., S. 30.

7 Helmuth Plessner: Die Stufen des Organischen und der Mensch. Einleitung in die philosophische Anthropologie, Frankfurt a. M. 2003, S. 385.

8 Colin Rowe, Architecture of Good Intentions, London 1994.

9 Altes Testament, Genesis 1.28.

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