editorial

was soll die bauakademie?

Als der Deutsche Bundestag im Herbst vergangenen Jahres 62 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel in Berlin bereitstellte, ahnte fast niemand, wie schnell diese Summe ausgegeben werden sollte. Um noch im September 2017 einen architektonischen Wettbewerb ausschreiben zu können, initiierte das federführende Bauministerium inzwischen drei Kolloquien, bei denen Fachleute verschiedener entwerfender und geisteswissenschaftlicher Disziplinen Ideen sammeln und diskutieren sollten, was wie unter welchen Umständen mit und in der „Bauakademie“ passieren soll. Das Thema ist kaum zu bewältigen: Einerseits geht es um die architektonisch-weltanschauliche Frage, ob und wie der Bau rekonstruiert werden oder ob ein Wettbewerb auch Neues ermöglichen soll. Andererseits ist bislang unklar, welche Aufgabe die neue Bauakademie haben soll, was zwangsläufig auf ihre Gestalt und Form, ihren Grundriss und ihre Ausstattung Einfluss haben muss. Inzwischen hat sich auch der BDA zu Wort gemeldet: Präsident Heiner Farwick hat das Papier des Präsidiums im letzten der Experten-Foren vorgestellt:

„Der Bund Deutscher Architekten BDA begrüßt den vom Bundesbauministerium begonnenen Prozess zur Errichtung der Neuen Bauakademie. Inhalt und Nutzung sollten das innere und äußere Erscheinungsbild der Neuen Bauakademie bestimmen – die Fehler des Humboldtforums dürfen sich nicht wiederholen. Aus Sicht des BDA sollte ein notwendigerweise durchzuführender Architektenwettbewerb nicht ausschließlich eine Rekonstruktion fordern, sondern für verschiedene architektonische Lösungen offen sein. Die Vorgaben des Wettbewerbs müssen diese Offenheit ermöglichen und dabei die Geschichte der Bauakademie berücksichtigen. Eine seriöse Bestandsaufnahme erhalten gebliebener materieller Bestände, zum Beispiel der Fundamentreste der originalen Bauakademie, ist zwingend erforderlich.

Foto: Andreas Denk

Foto: Andreas Denk

Die Dokumentation der Zerstörungsgeschichte des Gebäudes sollte nicht ausge-blendet werden. Aus Sicht des BDA muss vor der Durchführung eines offenen und freien Architektenwettbewerbs die zukünftige Nutzung einer Bauakademie bestimmt werden. Dabei ist eine in großen Teilen öffentliche Nutzung erstrebenswert. Die Bauakademie zu einem zentralen, vor allem international relevanten Anlaufpunkt für die architektur- und bauwissenschaftlich interessierten Kreise zu machen, erscheint schon deshalb naheliegend, weil es ein solches Zentrum weder in Berlin noch in Deutschland gibt. Für dieses Ziel eignet sich die prominente Lage der Neuen Bauakademie ganz besonders. Aus Sicht des BDA sollte ein Nutzungskonzept folgende Aspekte berücksichtigen: Die Neue Bauakademie hat das Potenzial, viele baukulturelle Kräfte an einem Ort zu bündeln und ein national wie international ausstrahlendes Programm zu interdisziplinären Fragen des Planens und Bauens zu verwirklichen. Dies würde die Debatten hierzulande intensivieren als auch Deutschland im internationalen Diskurs stärken.

Vor dem Planungsbeginn steht eine Gründungsintendanz fest, die als kompetenter Bauherr oder Bauherrenvertreter auftreten und Entscheidungen im Lichte zukünftiger Nutzungen treffen kann.

Die Neue Bauakademie sollte nicht in Konkurrenz zu den in Berlin und Deutschland bereits polyzentrisch vorhandenen Institutionen der Architektur und Baukultur treten, sondern vielmehr als eine neue und unabhängige Plattform die unterschiedlichsten Akteure miteinander verbinden. Eine ‚Stiftung Neue Bauakademie‘ könnte dafür die richtige Form sein. Statt eines einzigen Betreibers sollte durch ein Kuratorium eine lebendige Vielzahl an Institutionen und Akteuren zusammengebracht werden, um mit einem international ausgerichteten Programm den Diskurs und den weltweiten Austausch zu fördern.

Die Bündelung bestehender Akteure und Institutionen durch eine Gründungsintendanz vereinen Lehre und Forschung, Ausstellungen, Diskussionen, Austausch mit internationalen Ausbildungsstätten, Archive, Nachlässe und historische Ausstellungen (zum Beispiel Dauerausstellung Schinkel durch die Technische Universität Berlin). Der Bund Deutscher Architekten BDA ist bereit, sich aktiv einzubringen. Beispielsweise könnte das Deutsche Architektur Zentrum DAZ die Neue Bauakademie bei Ausstellungen zu aktuellen Themen, interdisziplinären Diskussionsrunden und Vortragsreihen sowie Publikationen inhaltlich begleiten und unterstützen. Eine langfristige und unabhängige Finanzierung des Programms und des Betriebs der Neuen Bauakademie muss gesichert sein.“

Über die Bedeutung der Bauakademie, die Haltung des BDA zur Wiedererrichtung und die Möglichkeiten der Institution in der Gegenwart ist in der architekt 3/17 ab Seite 64 ein Gespräch zwischen Heiner Farwick und Andreas Denk dokumentiert.

Red.

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