Buch der Woche

Baukunst im Archiv

Neben Gebautem gibt es Vieles, was Architekten ihrer Nachwelt an materiellen Hinterlassenschaften vermachen. Hierzu zählen Zeichnungen, Modelle, Fotografien und schriftliche Dokumente. Die Akademie der Künste in Berlin hat in einem Zeitraum von etwa 1770 bis heute zahlreiche Nachlässe und Sammlungen zur Baukunst archiviert, unter den Stiftern tummeln sich dabei viele prominente Figuren der Architekturhistorie. Hierzu zählen etwa Adolf Loos, Ludwig Mies van der Rohe, Bruno Taut, sowie die ehemaligen Akademie-Präsidenten Hans Scharoun und Werner Düttmann. In einer Publikation unter dem Titel „Baukunst im Archiv“ soll das umfassende Archiv nun in Teilen einem breiten Publikum präsentiert und damit die wissenschaftliche Aufbereitung des Materials angeregt werden.

Das Gesamtarchiv der Akademie der Künste, das neben dem Gebiet der Baukunst unter anderem die Bereiche Bildende Kunst, Musik, Literatur sowie Film- und Medienkunst abdeckt, hat eine lange Tradition. Zunächst sollten die zumeist von Mitgliedern als Schenkungen eingegangenen Objekte als Lehr- und Schausammlung für die Künstlerausbildung dienen, erst viel später, nach dem Zweiten Weltkrieg, ging man dazu über, gezielt Künstlernachlässe zu erwerben. Thematisch spiegelt es dabei das breite Spektrum der Mitglieder wider, unter denen von Beginn an auch Baumeister waren. Als erster Architekt wurde Andreas Schlüter im Gründungsjahr 1696 aufgenommen, Schlossbaumeister und Bildhauer am Preußischen Hof. Die ersten Dokumente zur Baukunst dagegen gingen etwa 100 Jahre später ein, darunter ein Konvolut an Zeichnungen von David Gilly und Heinrich Gentz.

Die neu erschienene Publikation kann dabei nur einen Bruchteil des Bauarchivs berücksichtigen, sie soll vielmehr eine umfassende Übersicht darstellen, mit der ein erster Einstieg in die Bestände ermöglicht werden kann. Dabei illustriert sie mit zahlreichen Fotografien, Zeichnungen und Schriftstücken die Geschichte des modernen Bauens in Deutschland. Selbstverständlich hat man hierbei Wert darauf gelegt, die Sahnestücke der Sammlung zu präsentieren und damit die Qualität des Archivs zu betonen. So findet sich in dem Buch eine Vielzahl an bekannten Entwürfen und Zeichnungen namhafter Architekten sowie zahlreiche hochwertige Architekturaufnahmen bekannter Fotografen. Zugleich aber zeigt die Publikation auch überraschende Funde und weniger Bekanntes, wie etwa die beeindruckenden opulent-verspielten Schülerzeichnungen Hans Scharouns oder die Bauten Heinrich Lauterbachs in Schlesien.

Das Ordnungssystem des Werkes folgt den jeweiligen Persönlichkeiten, aus deren Besitz die Archivalien stammen. Neben Biographien dieser Personen findet der Leser Informationen über Art und Umfang der insgesamt 71 Archive und 80 Sammlungen, Erschließungsstand sowie Verweise auf andere Archive. Nicht zuletzt zeigt das Buch dabei auch die über Jahrhunderte hinweg gängige architektonische Arbeitspraxis mit analogen Medien auf, die mit den digitalen Entwurfsmethoden mittlerweile einem grundlegenden Wandel unterzogen wurde. Auch auf die digitalen Dokumente will sich das Archiv in Zukunft einstellen und angemessene Formen der Sicherung finden. Trotz oder vielleicht auch gerade wegen des Streiflicht-Charakters des Buches macht die Publikation dabei in jedem Fall Lust auf mehr. Wer also auf der Suche nach unbeackerten Feldern der Architekturgeschichte ist, kann hier zweifellos Inspiration finden.

Elina Potratz

Eva-Maria Barkhofen im Auftrag der Akademie der Künste, Berlin (Hrsg.): Baukunst im Archiv, Die Sammlung der Akademie der Künste, 560 S., 906 Abb., 68 Euro, Dom Publishers, Berlin 2017, ISBN 978-3-86922-492-3

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