architekten und richter

Achtung! Freier Mitarbeiter

Was billig wirkt, kann teuer werden. Das Beschäftigen freier Mitarbeiter stellt durchaus eine risikoreiche Beschäftigung für Architekturbüros dar, wie das jüngste Befassen des OLG Oldenburg (Urteil vom 21.11.2017 – 2 U 73/17) zeigt. Wähnte sich der auftraggebende Architekt doch in einer günstigen Position, indem er einen selbständig tätigen Architekten – der auch noch anderweitige Projekte eigenverantwortlich bearbeitete – seinerseits für eine Mehrzahl von Bauvorhaben anstellte. Es wurde ein Stundenhonorar vereinbart. Auf dieser Grundlage erfolgte sodann die Abrechnung seitens des „freischaffenden Planers“.

Nach mehreren Jahren dieser Abrechnungsübung besann sich der Freie Architekt anders und rechnete nunmehr für sechs von ihm bearbeitete Bauvorhaben für das beauftragende Büro nach den HOAI-Mindestsätzen seine Leistungen ab. Zwar hatte die auftraggebende Planerseite bisher auf Grundlage der Stundenhonorar-Abrechnung auch für die nunmehr streitgegenständlichen Objekte an den Auftragnehmer-Planer die Zahlungen geleistet. Die HOAI-konforme Abrechnung ergab nunmehr jedoch eine Nachforderung von über 178.000,00 Euro brutto, die der auftragnehmende Architekt einforderte. Heftigst wurden nunmehr im Zuge des Rechtsstreits die unterschiedlichen Positionen ausgetauscht. Insbesondere meinte sich der auftraggebende Planer damit verteidigen zu können, es sei treuwidrig, nunmehr trotz der über Jahre praktizierten Stundenabrechnung auf der Grundlage der HOAI-Mindestsätze die Leistungserbringung abzurechnen.

All dies half jedoch nicht. Im Ergebnis gestanden die Richter dem klagenden, auftragnehmenden Architekten eine Vergütung auf der Grundlage einer HOAI-konformen Abrechnung zu. Dabei verfängt auch nicht der Einwand, gegenüber dem eigenen Bauherrn-Auftraggeber sei lediglich eine Vergütung vereinbart worden, die unter den Mindestsätzen gelegen habe. Selbst wenn dies zutreffend wäre, schützt dies den Auftraggeber-Architekten nicht vor der Inanspruchnahme eines mindestsatzkonform berechneten Architektenhonorars des von ihm beauftragten Auftragnehmers. Zwar gilt, dass der Architekt sich treuwidrig verhält, der nach einer getroffenen Vereinbarung eines unter den Mindestsätzen liegenden Honorars sodann die Mindestsätze gegenüber seinem Auftraggeber geltend macht.

Foto: David Kasparek

Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut hat und vertrauen durfte – und wenn sich dieser in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrags zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann. Wer jedoch als Architektenauftraggeber sich selbst bei der Abrechnung mit einem Architektenkollegen hinsichtlich dessen erbrachter Leistungen in Widerspruch zur zwingenden Honorarordnung begibt, ist nicht schutzwürdig. Darf doch davon ausgegangen werden, dass die Planer ihr eigenes Honorarrecht kennen, beherrschen und ihr Verhalten nach diesem – auch unter maßgeblicher Berücksichtigung ihrer eigenen Berufsordnung – richten.

Ein ähnlich gelagertes Konfliktpotential besteht bei der Beauftragung von Subplanern im Kontext einer Generalplanungsleistung. Wer hier mit den Fachingenieuren für Tragwerksplanung oder technische Gebäudeausrüstung Honorarvereinbarungen trifft, die das zwingende Preisrecht der HOAI nicht berücksichtigen, Mindestsatzunterschreitungen mithin vorliegen, begibt sich ebenso in gefahrenträchtiges Nachforderungsfahrwasser, sollten die einmal begründeten, häufig auch über Jahre gut gepflegten Beziehungen ins Wanken geraten. Günstig verhandelte Konditionen, die sodann auch noch im Rahmen des Generalplanervertrags an den Bauherrn durchgereicht werden, können zu unerwarteten Nachforderungen des Subplaners führen. Keinesfalls ist damit gesichert, dass diese Nachforderungen generalplanerseitig gegenüber dem Bauherrn durchgesetzt werden können.

Nur Abrechnungsvereinbarungen, die einer Überprüfung einer HOAI-konformen Abrechnung standhalten, bieten ausreichenden Schutz vor unerwarteten Honorarnachforderungen. Dies von Anbeginn berücksichtigt, führt ebenso zu auskömmlichen Honorarvereinbarungen mit der Bauherrenseite und schützt im Ergebnis vor bemerkenswerten – für so manches Büro auch existenzgefährdenden – Überraschungen.

Friedrich-Karl Scholtissek

Professor Friedrich-Karl Scholtissek ist Rechtsanwalt, Gründungspartner der Sozietät SK-Rechtsanwälte in Hamburg sowie Professor für privates Baurecht an der HafenCity Universität Hamburg (HCU).

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