architekten und richter

Abnahmeerleichterung

Die Abnahme des Architektenwerks ist von weitreichender Bedeutung und dokumentiert sich insbesondere daran, dass selbige Voraussetzung für die Durchsetzung des Schlussrechnungshonoraranspruchs oder auch des Beginns der Gewährleistungsfrist für die Architektenleistungen – die fünf Jahre in aller Regel umfasst – begründet. Durch die neue gesetzliche Regelung der Teilabnahme im neuen Bauvertragsrecht erfahren die Architekten eine Erleichterung zum Erreichen – insbesondere frühzeitig – ihrer Abnahmeansprüche. Denn ohne diese Novellierung mussten Planer gerade bei der Übertragung auch der Leistungsphase 9 (Objektbetreuung) gegenwärtigen, erst nach vollständiger Leistungserbringung dieser Leistungsphase – es sei denn, eine abweichende vertragliche Vereinbarung lag vor – das Abnahmebegehren durchsetzen zu können. Durch die gesetzliche Neuregelung (§ 650 s BGB) wird nunmehr der Leitgedanke manifestiert, dass bereits nach Abnahme der letzten Leistung des bauausführenden Unternehmers oder der bauausführenden Unternehmer architektenseitig eine Abnahme der bis dahin erbrachten Leistungen verlangt werden kann.

Dies setzt nicht die vollständige Erbringung der Objektüberwachungsphase voraus. Ist die Teilleistung der Organisation der Abnahme der Bauleistungen unter Mitwirkung anderer an der Planung und Objektüberwachung fachlich Beteiligter, der Feststellung von Mängeln, der Abnahmeempfehlung für den Auftraggeber und darauf beruhender Abnahme (sei es auch unter Vorbehalt von auftraggeberseitigen Mängelrechten) erfolgt, besteht das architektenseitige Abnahmebegehren hinsichtlich der eigenen erbrachten Leistungen mit der Folge, dass hierfür ab diesem Zeitpunkt (Durchführung der Abnahme der bis dahin erbrachten Architektenleistungen) die Gewährleistungsfrist zu laufen beginnt. Folglich sollte der bauüberwachende Architekt insbesondere auch darauf achten, dass dokumentierend die Leistungen der ausführenden Gewerke oder des ausführenden Gewerkes (beispielsweise bei einer entsprechenden Generalunternehmerbeauftragung) auch tatsächlich durchgeführt wird. Zwar wird auch eine fiktive Abnahme der bauausführenden Leistungen ausreichen, gleichwohl kann dies wiederum, bezogen auf das Abnahmebegehren des Architekten, auf Konfliktpotenzial stoßen, da zunächst einmal architektenseitig der Nachweis der Unternehmerleistungsabnahme erfolgen muss, was gerade bei fiktiven Abnahmen streitanfällig ist.

Foto: David Kasparek

Etwas anderes dürfte auch dann nicht gelten, wenn der Bauherr sich unberechtigterweise sperrt, eine Abnahme der Gewerkeleistungen vorzunehmen. Auch dann besteht ein Teilabnahmebegehren des Architekten zu Recht. Konfliktfrei dürfte jedoch auch dies nicht vonstatten gehen, muss doch der Nachweis der unberechtigten Abnahmeverweigerung architektenseitig nachgewiesen werden. Der hier bereits inzident zu klärende Konflikt hinsichtlich Mängeleinwendungen und Aufklärung derselben ist vorprogrammiert. Muss der Objektplaner auf etwaige Leistungserbringungen der von ihm nicht betreuten, aber an der Ausführung beteiligten Gewerke wie der Technischen Ausrüstung oder der Freianlagenerstellung zuwarten, um sein Teilabnahmebegehren durchzusetzen?

Der Gesetzeswortlaut ist hier nicht eindeutig. Zielführend dürfte jedoch die Auffassung sein, dass es bezogen auf den jeweils spezifischen Planer nur auf die von ihm auch betreuten Gewerke ankommt, mit denen im Zweifel auch eine gesamtschuldnerische Haftung begründet werden kann. Denn die gesetzliche Motivation geht dahingehend, möglichst einen zeitlichen Gleichklang der Gewährleistungsfristen der ausführenden Gewerke mit der Planerseite zu erreichen. Dies wirkt auch unmittelbar auf das Gesamtschuldverhältnis ein. Denn hierdurch wird ausgeschlossen – wie es für Altverträge, die vor dem 1. Januar 2018 begründet worden sind und für die keine modifizierten vertraglichen Regelungen vorgesehen sind –, dass sehr zeitversetzt erst bei vollständiger Leistungserbringung der Architekt seine Leistungen abgenommen verlangen kann und haftungsrechtlich sodann auch erheblich länger als der bauausführende Unternehmer im Fokus des Bauherrn steht. Es war Absicht des Gesetzgebers, dies zukünftig zu verhindern.

Die durchzuführende Abnahme der Architektenleistungen ist kein Selbstgänger. Sie muss vom Planer gegenüber dem Bauherrn abgefordert werden. Die eindeutige Kommunikation im Rahmen des Vertragsverhältnisses ist auch hier die zielführende Vorgehensweise. Nur Ausnahmefälle, für die der auftragnehmende Architekt wiederum darlegungs- und im Streitfall auch beweispflichtig ist, wie eine konkludente Abnahme, sind hier nur bedingt zielführend und konfliktverhindernd.

Für die Vertragsgestaltung möge noch beachtet werden, dass durch die neue Teilabnahmeregelung damit auch das neue gesetzliche Leitbild kreiert worden ist. Vertragliche Abweichungen sind daher bei mehrfach verwendeten Verträgen unwirksam, was insbesondere auch für derartige Fälle gilt, dass die Teilabnahme vertraglich geregelt werden soll nach vollständiger Erbringung der Objektüberwachungsphase. Dies hätte eine zeitliche Verzögerung zum Nachteil des Architekten zur Folge. Ebenfalls führt dies zur Unwirksamkeit einer solchen Klausel. Die Zeit der Abnahmeerleichterung hat begonnen.

Friedrich-Karl Scholtissek

Professor Friedrich-Karl Scholtissek ist Rechtsanwalt, Gründungspartner der Sozietät SK-Rechtsanwälte in Hamburg sowie Professor für privates Baurecht an der HafenCity Universität Hamburg.

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