Symposium zu Stadthallen der 1960er und -70er Jahre

Bauen für die Massen

Wie man mit dem baulichen Erbe der umstrittenen Architekturepoche der 1960er und -70er Jahre umgehen kann, ist eine der Fragen unserer Zeit. Auch unsere Zeitschrift hat sich diesem Thema in einigen Ausgaben angenommen. Am 27. und 28. November findet in Augsburg ein Kongress statt, der sich aus dieser Phase des Bauens eine Typologie herausgreift und sie in drei Panels beleuchtet: „Die ‚Stadt- und Kongresshalle‘ steht wie kaum eine andere Bauaufgabe der Moderne für ein Kulturphänomen, das sich bereits seit dem späten 19. Jahrhundert einem Massenpublikum widmete. Doch besonders in Zeiten der Neuordnung der politischen Systeme nach 1945 steht die Stadt- und Kongresshalle in ganz Europa auch für einen kulturellen Neubeginn“, so der Einladungstext der Veranstalter.

Inzwischen jedoch haben sich die Parameter für Kulturbauten geändert. Häufig werfen zudem Veränderungsprozesse in Politik und Kultur Fragen nach dem Wert einer Architektur auf, die nach über 50 Jahren auch im Zuge wirtschaftlicher Überlegungen und energetischer Ertüchtigung verstärkt in Misskredit geraten ist. Mangelnde Erfahrungswerte bei der Sanierung führen außerdem nicht selten zum Verlust von architektonischer Qualität und Denkmalwürdigkeit.
Das Symposium im sanierten ‚Kongress am Park‚ versucht, die Bauaufgabe der „Stadt- und Kongresshalle“ in den Kontext der Architektur- und Gesellschaftsgeschichte nach 1945 zu stellen: „Der Blick richtet sich auf wesentliche Aspekte, welche die zeitgeschichtlichen Determinanten für die Ästhetik der Architektur ebenso beleuchten wie die sozialen und politischen Hintergründe für die Entwicklung der ‚Stadt- und Kongresshalle‘ als Baugattung der Moderne in Westeuropa.“ Darüber hinaus sollen exemplarisch geeignete Sanierungsstrategien erarbeitet werden – dabei wird der derzeitige Wissensstand für integrale Sanierungsprozesse in Bezug auf das „vergessene Erbe“ der Nachkriegsarchitektur zur Diskussion gestellt und ein breites Know-how von Theorie und Praxis für nachhaltige Maßnahmen am Denkmal gebündelt.

Die Tagung gliedert sich in drei Themensektionen: „Baugeschichten und Architekturtheorien“, „Konstruktion und Ästhetik“ und „Nachhaltigkeit und Denkmalpflege“. Dabei geben sich Experten des Diskurses um die deutsche Nachkriegsmoderne die Ehre. Mit dabei sind – neben vielen anderen: Werner Durth, Olaf Gisbertz, Karin Wilhelm, Klaus Jan Philipp und Hans Rudolf Meier. Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, wird um Anmeldung im Internet oder per E-Mail gebeten, der Eintritt ist frei.

Bauen für die Massenkultur
27. bis 29. November
Kongress am Park
Gögginger Straße 10
86159 Augsburg

Mittwoch 27. November, ab 19.00 Uhr
Gerd Merkle (Baureferent der Stadt Augsburg): Begrüßung
Lutz Heese (Präsident der Bayerischen Architektenkammer): Grußwort
Herbert Jötten (Dekan Fakultät Architektur und Bauwesen, Hochschule für angewandte Wissenschaften, Augsburg): Grußwort
Werner Durth (Darmstadt): Bauen für die junge Demokratie

Donnerstag 28. November, ab 9.00 Uhr
Götz Beck (Kongresshalle Augsburg Betriebs GmbH): Begrüßung
Olaf Gisbertz (Braunschweig): Stadthallen in Forschung, Denkmalpflege und Baupraxis

Panel I Baugeschichten und Architekturtheorien
Panel I / 1 Stadt- und Kongresshallen national – Deutschland
Dominik Schrage (Lüneburg): Massenkultur und Mittelschicht im 20. Jahrhundert und heute
Karin Wilhelm (Braunschweig): Ein Forum für die Massen(-kulturen). Die Stadthalle und ihre Bedeutung im Wiederaufbau nach 1945
Jörg Rüter (Berlin): Stadthallen in der jungen Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin
Simone Hain (Graz): Fast ausgestorben – Kulturhäuser- und Stadthallen der DDR

Panel I / 2 Stadt- und Kongresshallen – Vorläufer in den Fünfziger Jahren
Klaus Jan Philipp (Stuttgart): Ein schwungvoller Auftakt – Die Liederhalle in Stuttgart
Steffen de Rudder (Weimar): Bauen für die Demokratie – Die Berliner Kongresshalle
Klaus Tragbar (Innsbruck): „Eine Halle für die Welt“. Die Wiener Stadthalle von Roland Rainer als Prototyp moderner Mehrzweckhallen

Freitag 29. November, ab 9.30 Uhr
Panel II Konstruktion und Ästhetik
Berthold Burkhardt (Braunschweig): Tragen und Lasten. Konstruktionsgeschichten großer Hallen
Tuula Pöyhiä (Helsinki): Morphologie von Stadthallen – Gestaltungstypologien am Beispiel Alvar Aaltos

Panel III Nachhaltigkeit und Denkmalpflege
Panel III / 1 Positionen der Denkmalpflege
Hans Rudolf Meier (Weimar): Zwischen unbeliebt und neuentdeckt: Werte der Nachkriegsarchitektur in Europa
Mark Escherich (Erfurt/Weimar): Stadthallen und Kulturhäuser der DDR-Nachkriegsmoderne. Denkmalpflegerische Positionen
Bernd Vollmar (München): „Erfüllte Liebe zum Detail“ – denkmalpflegerische Anmerkungen zur Architektur der 1960er und 70er Jahre

Panel III / 2 Revitalisierung – Fallbeispiele aus der Praxis
Gerhard Tham (Schuller+Tham Architekten, Augsburg): Kongress am Park – Die Sanierung der ehemaligen Kongresshalle in Augsburg
Christoph Pichler (Pichler & Trautmann Architekten, Wien): Kultur – Kongress Eisenstadt

Foto: Kongress am Park, Augsburg

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