Buch der Woche: Gespräche über das Ausstellen von Architektur

Auf der Suche nach dem Nerv

Eine der zentralen Fragen in der Architekturproduktion ist, wie man das Gemachte und Gedachte vermittelt. Dabei stößt man mindestens auf eine doppelte Folgeproblematik, da sich Architektur neben den Fachkollegen auch an eine Vielzahl fachlich unterschiedlich versierter Laien wendet – interessierte, wie uninteressierte. Allen gemein ist dabei jedoch, dass sie Architektur nutzen. Fragen nach der Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit der Kommunikation von Architektur stellen sich also nicht, wohl aber die Art und Weise, wie sie betrieben wird. Jeannette Merker und Riklef Rambow haben sich diesem Fragenkomplex seit geraumer Zeit verschrieben. Merker, selbst studierte Architektin, ist Mitbegründerin einer Agentur für Architekturkommunikation in Berlin und arbeitete sechs Jahre lang am Karlsruher Fachgebiet für Architekturkommunikation. Das wiederum wird seit 2009 von Riklef Rambow geleitet. Der Psychologe legte 2000 bereits seine Dissertationsschrift zum Thema „Experten-Laien-Kommunikation in der Architektur“ vor.

Gemeinsam haben Merker und Rambow nun das Buch „Architektur als Exponat“ im Berliner Jovis Verlag herausgegeben. Dazu führten sie 13 „Gespräche über das Ausstellen“ – so der Untertitel der gut 150 Seiten umfassenden Publikation. Von Judith Keller sehr schön gestaltet und fein gesetzt ist das Buch, das mit Hubertus Adam, Nicola Borgmann, Matthias Böttger, Kristin Feireiss, Andres Lepik, Oliver Elser und Peter Cachola Schmal, Ursula Kleefisch-Jobst, Verena Konrad, Ulrich Müller, Winfried Nerdinger, Arno Ritter und Dietmar Steiner alles zu Wort kommen lässt, was in der deutschsprachigen Szene Rang und Namen hat. Vertreten sind so die Institutionen Aedes (Berlin), Architekturgalerie (München), Architektur Galerie Berlin, Architekturmuseum der TUM (München), Az W (Wien), DAM (Frankfurt am Main), DAZ (Berlin), MAI (Gelsenkirchen), S AM (Basel) und das Vorarlberger Architektur Institut (Dornbirn).

Ausstellungen, so die Ausgangsthese des Buchs, sind ein wichtiges Instrument der Architekturkommunikation. Mit ihrer Hilfe werden Themen definiert und Diskurse initiiert, in Ausnahmefällen gar Trends gesetzt oder Bilanzen gezogen. Eine gute Architekturschau kann Interesse wecken, Wissen vermitteln, Positionen besetzen. Die Fragen, die Jeannette Merker und Riklef Rambow sich und ihren Gesprächspartnern stellen, sind, wie sich Architektur in Galerien und Museen überhaupt vermittelt lässt, welche Ansätze und Formate möglich sind und welche Potenziale und Herausforderungen sich daraus ergeben – schließlich müsse man sich auch fragen, wer durch Architekturausstellungen angesprochen werden soll. Die Interviews geben einen Einblick in die Konzeption und Realisierung von Ausstellungen, berichten gleichsam über Erfahrungen aus der kuratorischen Praxis der Protagonisten.

Interessant wird „Architektur als Exponat“ durch die Unterschiedlichkeit der Positionen, die von diskursiven Formaten über die konkrete Architekturausstellung mit Plan, Modell und Begleitkatalog bis hin zur Fokussierung auf Rauminstallationen reichen. Auch die Grundlagen der Arbeit der Gesprächsteilnehmer werden dargelegt, wenn etwa Hubertus Adam, der noch bis Mai kommenden Jahres amtierende Leiter des Schweizerischen Architekturmuseums S AM, zur Themenfindung für die Ausstellung erläutert: „Es gibt kein klares Prinzip wie in der Mathematik. Es ist vielmehr der Versuch, Themen aufzunehmen, die einen bestimmten Nerv in der aktuellen Architekturdebatte treffen.“

Mit den Gesprächen über das Ausstellen ist den Herausgebern nicht nur ein Querschnitt durch die Szene – und damit eine Darstellung des State of the Art der deutschsprachigen Architekturausstellung – und ein relevanter Beitrag zu den genannten Fragen gelungen, sondern schlicht: ein feines Lesebuch. Die Länge der Gespräche und ihre Inhalte führen dazu, dass man sich das Buch immer wieder für einen kurzen Moment zur Hand nimmt, nur um sich beim Vorhaben des kurzen Durchblätterns dann doch festzulesen.

David Kasparek

Jeannette Merker und Riklef Rambow (Hrsg.): Architektur als Exponat. Gespräche über das Ausstellen, Klappenbroschur, 152 S., ca. 60 Abb., Jovis Verlag, Berlin 2015, 22,– Euro, ISBN 978-3-86859-386-0

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