Houston, we have a problem

Gut Holz

3XGRÜN, Berlin

Gemeinsam mit dem BDA und dem Deutschen Architektur Zentrum DAZ hat die Zeitschrift der architekt den Call for Projects „Houston, we have a problem“ gestartet und um Einreichung substanzieller Beiträge gebeten, die uns dabei helfen können, die Effekte des Klimawandels zu gestalten. Dabei sind rund 150 gebaute und gedachte Projekte zusammengekommen. Im Wochentakt stellen wir an dieser Stelle ausgewählte Beiträge vor.

Der Begriff „Fertighaus“ lässt wenig Gutes ahnen, steht er doch meistens für austauschbare Kisten in tristen Vorstädten. Dabei zielte das Forschungsvorhaben „fertighauscity5+“ der TU Braunschweig (2005–2007) in die genau entgegengesetzte Richtung: Es ging um die typologischen und technischen Möglichkeiten serieller Fertigung von mehrgeschossigen Holz-Wohnbauten in urbanen Lagen. Um die Erkenntnisse in die Praxis zu tragen, gründete sich im Jahr 2008 das Institut für urbanen Holzbau (IfuH) aus drei Partnern: atelier pk, roedig.schop architekten und CKRS Architekten. Diese setzten in einer Arbeitsgemeinschaft den Prototypen um, den die Forschung erarbeitet hatte. Unter dem Namen „3XGRÜN“ wurde auf diese Weise eine Lücke in einer gründerzeitlichen Bebauung in Berlin-Pankow geschlossen. Seit der Fertigstellung 2012 ist das Projekt zu einem wichtigen Wegbereiter des innerstädtischen Holzbaus geworden.

IfuH – Institut für urbanen Holzbau, mit atelier pk, roedig.schop architekten, CKRS Architekten, 3XGRÜN, Berlin 2008–2012, Foto: Stefan Müller

Der Anspruch lautete, möglichst viele Bauteile im nachwachsenden und CO2-bindenden Material Holz auszuführen – und dies auch deutlich zu zeigen. Die Holzdecken wurden also nicht, wie sonst üblich, mit Gipsfaserplatten oder ähnlichem nicht-brennbaren Material überdeckt, sondern mit einer schwer entflammbaren, transparenten Beschichtung überzogen. So bleibt das Holz nach innen und außen sichtbar und lässt keinen Zweifel an der Konstruktionsweise des Gebäudes. Während die Fassade der oberen Geschosse aus Brandschutzgründen mit anthrazitfarbenen Faserzementplatten verkleidet ist, bleibt das Erdgeschoss ebenfalls holzsichtig – eine Besonderheit, da für Fassaden aufgrund der Ausbreitungsgefahr von Feuer besonders strenge Brandschutzauflagen gelten. Da die auskragenden Balkonbänder auf der Straßenseite aber durchgängige Trenner bilden, funktionieren sie wie Brandschürzen und hemmen das Feuer im Brandfall. Auf der Gartenseite sind die Balkone freier angeordnet.

IfuH – Institut für urbanen Holzbau, mit atelier pk, roedig.schop architekten, CKRS Architekten, 3XGRÜN, Berlin 2008–2012, Foto: Stefan Müller

Dass Vorfertigung und die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse sich nicht gegenseitig ausschließen, hat der Projektverlauf bewiesen. Zusammen mit den künftigen Bewohnern haben die Architektinnen zuerst die Grundrisse sowie die gemeinschaftlich genutzten Flächen in den Gärten und auf der Dachterrasse geplant. Anschließend gaben sie die Produktion der Bauelemente in Auftrag: die Decken bei einem Systemhersteller, die Wände in einer Zimmerei vor Ort. So waren ein industrieller Groß- und ein kleinerer Handwerksbetrieb gleichermaßen beteiligt. Einige wenige Teile wie Brandwände oder Treppenhäuser sind mit Blick auf den Brandschutz und die Statik dennoch in Stahlbeton gegossen, wurden aber ebenfalls vorfabriziert.

IfuH – Institut für urbanen Holzbau, mit atelier pk, roedig.schop architekten, CKRS Architekten, 3XGRÜN, Berlin 2008–2012, Foto: Stefan Müller

Das Zusammenbauen der Fertigteile gelang entsprechend schnell: Der Rohbau eines Geschosses von 450 Quadratmetern dauerte nur zwei Wochen. Wirtschaftlich gesehen kompensierte die verkürzte Bauzeit die Mehrkosten, die durch den Holzbau im Vergleich zur Massivbauweise entstehen. Und nicht zuletzt begegneten die zahlreichen Anwohner in der dicht besiedelten Innenstadtlage dem Projekt aufgeschlossener, da ein Ende des Baulärms früh absehbar war. So interpretiert „3XGRÜN“ die Nachhaltigkeit nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch und sozial.
Maximilian Liesner

3XGRÜN, Berlin 2008–2012
Architektur: IfuH – Institut für urbanen Holzbau, mit atelier pk, roedig.schop architekten, CKRS Architekten (alle Berlin)
Bauherr: 3XGRÜN GbR, Berlin
Tragwerksplanung: IFB Frohloff Staffa Kühl Ecker, Berlin
Haustechnik: HTP Pagenkopf, Berlin
Status: realisiert

Weitere Projekte aus dem Call for Projects „Houston, we have a problem“ finden Sie hier.

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