neu im club

Gebaute Mischwesen

Katharina Löser, Architektin BDA, Löser Lott Architekten, Berlin

Katharina Löser und ihr Büropartner Johannes Lott gründeten 2011 das gemeinsame Architekturbüro in Berlin. Lott, Jahrgang 1980, arbeitete nach seinem Diplom an der TU Dresden 2008 zunächst zwei Jahre im Berliner Büro von Müller Reimann; Löser, Jahrgang 1981, machte sich direkt nach dem Diplom 2008 selbständig – ebenfalls in der Hauptstadt. Mit Unterstützung des Vaters von Katharina Löser, einem Bauunternehmer aus dem sächsischen Gornsdorf, kamen rasch die ersten eigenen Projekte zustande, die sich früh sowohl durch gestalterische Souveränität als auch feinfühligen Umgang in der Detaillierung auszeichneten. Die Zusammenarbeit hatten Katharina Löser und Johannes Lott an der TU Dresden bereits seit dem ersten Semester in einem gemeinsamen Arbeitsraum erprobt, seit einigen Jahren nun führen sie das gemeinsame Büro Löser Lott Architekten.

Im Gespräch betonen beide die Wichtigkeit zweier Begriffe für ihre Arbeit, unterstreichen sie im Nachgang gar noch einmal durch kurze, per E-Mail übermittelte Textfragmente. Zum einen sind da Drachen. Die Fabelwesen faszinieren die beiden Architekten nach eigenem Bekunden. Als eine individuelle Mischung aus tatsächlich existierenden Tieren wie Reptilien, Raubkatzen oder Vögeln fügen Drachen unterschiedliche Eigenschaften zu etwas genuin Eigenem und Neuen zusammen. Geht es nach Katharina Löser und Johannes Lott, sollten ihre Bauten nach Möglichkeit ebenso sein und aus dem jeweiligen Ort, den dort konkreten, in realitas vorgefundenen und den unkonkreten, eher empfundenen Gegebenheiten ein jeweils speziell auf die Lage angepasstes, gebautes Mischwesen sein. Die zweite wichtige Vokabel für die beiden jungen Architekten ist der Wald und mit ihm die metaphorisch-mystischen Aufladungen, die allen Gehölzen seit jeher anhaften. Geheimnisvoll und schwer zu ergründen sei der Wald, so Johannes Lott und Katharina Löser. Wer jemals durch die Wälder des Erzgebirges, der Heimat Lösers, gestreift ist, der mag das gerne nachvollziehen.

Hält man sich diese beiden Begrifflichkeiten vor Augen, während die Architekten ihre Bauten in weiteren Erläuterungen mit Urviechern vergleichen, die nicht zu glatt sein dürften, erscheint die Architektur, die bisher entstanden ist, erstaunlich wenig skurril oder mythisch. Entstanden sind mit dem „Duett“ genannten Doppelhaus in Warnemünde (2009–2011), dem „Kaminhaus“ im Erzgebirge (2012–2014), dem „Waldhaus“ in Prerow auf dem Darß (2013–2015) und dem „Drachenhaus“ in Dresden (2011–2016) – um nur einige zu nennen – zwar Bauten, deren Namen auf ihren gedachten Ursprung hindeuten, diesen aber nicht plakativ vor sich hertragen.

Auf den ersten Blick, so scheint es, sind die Häuser deutlich aus unserer Zeit: qualitativ hochwertig umgesetzt und gefertigt, mit Sorge fürs Detail geplant, sensibel gestaltet. Der zweite, genauere Blick lohnt um so mehr: Er legt eben jene Ecken und Kanten bloß, die Katharina Löser und Johannes Lott mit dem metaphorischen Bemühen des unglatten Mischwesens aus dem Wald implizit ihren Projekten mit auf den Weg geben. Jedes Haus weist mindestens eine Stelle auf, an der dieser Kerngedanke deutlich wird. Dieser bauliche Ausdruck aber ist stets ein anderer, bei keinem Bauwerk folgt er einem Muster. Das ist nur folgerichtig, ruft man sich die Deutung und Wichtigkeit des jeweiligen Ortes, die beide betonen, vor Augen.

So konterkariert die dunkle, zugige Fuge zwischen den beiden Häusern in Warnemünde deren feinweiße maritime Anmutung, das Wohnhaus im Erzgebirge weist in seiner stark geometrischen Grundrissfigur diverse spitzwinklige Ecken auf, die in der gebauten Wirklichkeit zwar kaum zu nutzen sind, dem Bau aber eben jene Unschärfe geben, die die Planer für wünschenswert erachten. Das Ferienhaus auf dem Darß spielt mit den Gegebenheiten des Ortes ebenso deutlich, wie es sich als Individuum von der reetdachdominierten Umgebungsarchitektur abgrenzt, und die Reihenhäuser im Dresdner Südosten amalgamieren gleich eine Vielzahl von lokal vorgefundenen Typen und Fragmenten. Wie bei vielen nach 1970 geboren Architekten, das wird deutlich, ist ihnen die ortspezifische Architektur wichtiger als die bürospezifische. Unterm Strich gelingt es Löser Lott Architekten so tatsächlich gleichermaßen Mischwesen zu bauen, die sich aus dem jeweiligen Ort entwickeln, wie auch auf eine markenbildende Formensprache zu verzichten.

David Kasparek

www.loeserlott.de

neu im club im DAZ-Glashaus
Gespräch mit Katharina Löser und Johannes Lott: 20. Januar 2016, 19.00 Uhr
Werkschauprojektion: 21. Januar bis 22. Feb-ruar 2016
Deutsches Architektur Zentrum DAZ
Glashaus
Köpenicker Straße 48 / 49
10179 Berlin
www.daz.de

neu im club wird unterstützt von Vitra, Epson, den BDA-Partnern und den Unternehmen des DAZ-Freundeskreises.

Artikel teilen:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert