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Chronist vergangener Eleganz

Fotografien von Karl Hugo Schmölz

Die Architektur der Nachkriegszeit erfuhr in den vergangenen Jahren eine stetig steigende Würdigung. Nicht nur die Anerkennung für menschlich Geleistetes während und nach der „Stunde Null“, sondern auch die Honorierung der formalästhetischen und architektonisch räumlichen Lösungen jener Zeit stehen dabei im Zentrum der Betrachtung. In Zeiten von auf ein Minimum zurückgebauter Fahrräder, gehypter und im Stile minimalistischen Designs gehaltener Elektronikprodukte, hochgejubelter Fernsehserien über Werber in fein geschnittenen Anzügen, kann es kaum verwundern, dass die feingliedrigen Architekturen der Nachkriegszeit immer mehr Bewunderer finden.

Karl Hugo Schmölz, Tankstelle Ecke Oskar-Jäger-Straße, Köln-Ehrenfeld, 1952

Karl Hugo Schmölz, Tankstelle Ecke Oskar-Jäger-Straße, Köln-Ehrenfeld, 1952

Die in schlüssigem Nebeneinander organischer Formen und effizienter Geradlinigkeit überzeugende Gestaltung bis ins Detail der „Wirtschaftswunderjahre“ hat kaum jemand derart prägnant festgehalten, wie der Kölner Fotograf Karl Hugo Schmölz. Fachleuten schon lange bekannt – auch unter seinen Zeitgenossen mit gutem Ruf ausgestattet – wird das Gesamtwerk Schmölz´ erst nach und nach einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.

Dass die Arbeiten des Kölner Fotografen dabei eine bestehende (foto)geschichtliche Lücke zwischen August Sander und der Fortsetzung der neuen Sachlichkeit bis hin zur konzeptuellen Fotografie von Hilla und Bernd Becher schließt, zeigt der von Franz van der Grinten und Thomas Linden herausgegebene Bildband „Karl Hugo Schmölz – Köln Architekturfotografien der Fünfziger Jahre“, der zugleich als Katalog fungiert zur Ausstellung „Wie sich Deutschland neu erfand – Fotografien von Karl Hugo Schmölz aus dem Archiv Wim Cox“, die noch bis zum 28. Oktober im Bonner LVR-LandesMuseum zu sehen ist.

Karl Hugo Schmölz, Laden im Blau-Gold-Haus, Köln, mit Dom, 1952, Architekt Wilhelm Koep

Karl Hugo Schmölz, Laden im Blau-Gold-Haus, Köln, mit Dom, 1952, Architekt Wilhelm Koep

Erstmals wird hier das Gesamtwerk von Karl Hugo Schmölz zusammengetragen, der vor allem nach dem Krieg im Auftrag zahlreicher Architekten und Bauherren Bauten, Ausstellungen und Interieurs dokumentierte. Buchstäblich auferstanden aus Ruinen zeigt sich hier ein Bild voller Eleganz, die heute scheinbar viele vermissen.

Auf den ersten Blick sind es Banalitäten wie Büroflure, Ladenzeilen oder Werkshallen, die das Buch gekonnt in Bezug setzt zu den bis heute als spektakulär geadelten Bauaufgaben wie Oper, Kino oder Firmenarchitektur – und immer wieder die für die Zeit typischen, sich rasant und elegant nach oben schwingenden Treppenhäuser, die Schmölz bis hin zu einer fast grafischen Abstraktion stetig wieder ablichtet.

Karl Hugo Schmölz, Siemenshaus, Bielefeld, Treppenhaus, 1956

Karl Hugo Schmölz, Siemenshaus, Bielefeld, Treppenhaus, 1956

Die Fotos, im Buch auf wunderschönen, ganzseitigen Duotone-Tafeln abgedruckt, zeichnen sich vor allem aus durch ihre Be- und Ausleuchtung, bei der Schmölz, einem Lichtmeister im Theater gleich, sehr akzentuierte Lichter setzt, deren Quelle auf Anhieb nicht auszumachen ist. Raum und Form werden so ins rechte Licht gesetzt, was den dokumentarischen Wert der Fotografien Schmölz´ als zeitgeschichtliche Abbildungen ihrer Epoche ergänzt um einen ästhetischen Faktor, der durch pure Schönheit überzeugt.

David Kasparek

Franz van der Grinten und Thomas Linden (Hrsg.): Karl Hugo Schmölz – Köln Architekturfotografien der Fünfziger Jahre, mit Texten von Ulf Erdmann Ziegler und Thomas Linden, 176 S., 127 Duotone-Tafeln, 49,80 Euro (51,20 Euro (A), 70,90 CHF) Schirmer/Mosel Verlag, München 2012, ISBN 978-3-8296-0539-7

Ausstellung
„Wie sich Deutschland neu erfand – Fotografien von Karl Hugo Schmölz aus dem Archiv Wim Cox“
6. September bis 28. Oktober 2012
LVR-LandesMuseum Bonn
Colmantstraße 14-16
53115 Bonn
Di.-Fr., So. 11.00 – 18.00 Uhr
Sa. 13.00 – 18.00 Uhr
Mo. geschlossen
Eintrittspreise einschließlich der Sonderausstellungen
Erwachsene 8, – Euro, ermäßigt 6,– Euro
Gruppe Erwachsene (ab zehn Personen) 6,– Euro
Kinder / Jugendliche bis 18 Jahre kostenlos
Schulklassen kostenlos
Führungen (eine Stunde) 45,– Euro
Schülerführungen (eine Stunde) 26,– Euro

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