Führungen über Zollverein und Rammelsberg

Politischer Industriebau

Wegen ihres unklaren Verhältnisses zur Moderne zieht die Industriearchitektur im Bauhaus-Jubiläumsjahr besondere Aufmerksamkeit auf sich. War sie Anfang des 20. Jahrhunderts zukunftsweisender Wegbereiter des Neuen Bauens, diente sie vielen Architekten im „Dritten Reich“ dem Rückzug in ein politisch vermeintlich unbelastetes Arbeitsfeld. In diesem Spannungsverhältnis ist auch das Schaffen von Fritz Schupp und Martin Kremmer zu sehen. Ab 1922 bauten sie deutschlandweit zahlreiche Berg-, Stahl- und Kraftwerke sowie Fabriken, darunter die beiden UNESCO-Welterbestätten Zeche Zollverein in Essen und das Erzbergwerk Rammelsberg bei Goslar. Beide Orte bieten aktuell Veranstaltungen zur Auseinandersetzung mit ihrem architektonischen Erbe an.

Fritz Schupp und Martin Kremmer, Erzbergwerk Rammelsberg, Goslar 1935–1939, Foto: Gavailer (via Wikimedia / CC BY-SA 4.0)

Der ikonische Schacht XII auf Zollverein, errichtet 1928 bis 1932, perfektionierte das Zusammendenken von technischen und formalen Problemen und kam so dem Bauhaus-Ansatz sehr nahe. Eine rationalisierte Planung bei gleichzeitigem Gestaltungswillen prägen die Bauten mit vorgehängten Stahlfachwerkfassaden, ausgefacht mit Ziegeln oder aufgebrochen durch lange Fensterbänder. Beim Bau am Hang des Rammelsbergs im Auftrag der Nationalsozialisten setzten Schupp und Kremmer 1935 bis 1939 ebenfalls eine moderne Konstruktionsweise ein, verkleideten sie allerdings mit Holzvertäfelung und Bruchsteinmauerwerk. Die Fensterbänder wurden durch feingliedrige Sprossen unterteilt.

Fritz Schupp und Martin Kremmer, Zeche Zollverein, Schacht XII, Essen 1928–1932, Foto: Frank Vinken, Stiftung Zollverein

Die Stiftung Zollverein führt in diesem Jahr an jedem zweiten Samstag des Monats unter dem Titel „Neue Sachlichkeit, Bauhaus und die Zollverein-Architektur“ über die Schachtanlage XII. Das Besucherbergwerk Rammelsberg lädt immer am ersten Sonntag des Monats zur Führung „Zwischen Tradition und Moderne – Die Architektur des Rammelsberges“. Zudem ist dort aktuell eine Fotoausstellung über die Bau- und Nutzungsgeschichte der Anlage zu sehen, mit Fotos unter anderem von Albert Renger-Patzsch aus den fünfziger Jahren und aktuellen Bildern von Dieter Blase.

Mxl

Zeche Zollverein
Führung: Neue Sachlichkeit, Bauhaus und die Zollverein-Architektur
Sa, 10. August 2019, 14.00 Uhr, Dauer: 2 Stunden
Weitere Termine: 14. September, 12. Oktober, 9. November, 14. Dezember
Anmeldung erforderlich: Tel 0201-246810, www.zollverein.de/kalender oder besucherdienst@zollverein.de
Kosten: 9,50 Euro, ermäßigt 6 Euro, Familienticket möglich
Treffpunkt: Ruhr.Visitorcenter Essen, Unesco-Welterbe Zollverein, Areal A [Schacht XII], Kohlenwäsche [A14]
Gelsenkirchener Straße 181
45309 Essen
www.zollverein.de

Erzbergwerk Rammelsberg
Führung: Zwischen Tradition und Moderne – Die Architektur des Rammelsberges
So, 4. August, 11.00 Uhr, Dauer: 1,5 Stunden
Weitere Termine: 1. September, 6. Oktober, 3. November
Anmeldung nicht erforderlich
Kosten: 8 Euro, ermäßigt 4 Euro
Treffpunkt: Museumskasse, Weltkulturerbe Rammelsberg – Museum & Besucherbergwerk
Bergtal 19
38640 Goslar
www.rammelsberg.de

Industriearchitektur der Moderne im Spiegel der Fotografie – Die Tagesanlagen des Weltkulturerbe Erzbergwerk Rammelsberg
Ausstellung: bis 17. November 2019
täglich geöffnet, 9.00 – 18.00 Uhr
Eintritt: 9 Euro, ermäßigt 6 Euro, Kinder/Jugendliche 4,50 Euro, Familienticket möglich
www.rammelsberg.de/ausstellungen

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