Gottfried Böhm wird 100

Volles Jahr(hundert)

Es gibt kaum Architekten, die so viele augenfällige Besonderheiten in sich vereinen wie Gottfried Böhm: die baumeisterliche Familientradition, die er von seinem Vater übernahm, mit seiner Frau teilte und an seine Söhne und Enkel weitergab; der Pritzker-Preis, den er 1986 als erster Deutscher erhielt, und natürlich die zahllosen unverwechselbaren Bauwerke aus sechs Jahrzehnten, die er verantwortet. Heute wird der große Baumeister zudem 100 Jahre alt und noch immer geht er seiner Berufung nach – Anlass also, den in Köln lebenden und arbeitenden Böhm zu würdigen und den Blick auf sein Lebenswerk zu richten.

Verschiedene baukulturelle Akteure in Köln und der Region haben sich als Initiative BÖHM100 zusammengetan, um das Werk Böhms – in unterschiedlichen Veranstaltungsformaten von Ausstellungen, Vortragsreihen bis hin zu Bus- und Fahrradexkursionen – das ganze Jahr 2020 hindurch zu präsentieren. Letztes Wochenende eröffnete im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt am Main die Ausstellung „Der Beton-Dom von Neviges“, die sich ausschließlich mit der exzeptionellen Wallfahrtskirche in Velbert-Neviges auseinandersetzt. Der gewaltige Betonbau (1966 – 1968) mit seinem skulptural gefalteten Dach gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke Böhms, jedoch beleuchtet die Schau nicht nur die Architektursprache, sondern auch die Entstehungsgeschichte und die aktuelle Sanierungsproblematik des Domes. Im Bethanien Kinder- und Jugenddorf in Bergisch Gladbach – ebenfalls ein Bauensemble von Böhm – eröffnet am 31. Januar außerdem die Ausstellung „Bahnbrechender Beton. Gottfried Böhm und Bergisch Gladbach“. Eine weitere Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst Köln zeigt ab dem 15. Oktober unter dem Titel „Das Echo von Träumen“ Fotografien, die die bekannte Architekturfotografin Hélène Binet von Böhms Werken gemacht hat. An der RWTH Aachen findet am 30. Oktober zudem ein internationaler architekturhistorischer Studientag nebst Ausstellung „Ein Tag Böhm“ statt.

Wallfahrtsdom Neviges, 1966-68, Foto: Dorothea Heiermann

Wallfahrtsdom Neviges, 1966-68, Foto: Dorothea Heiermann

Führungen und Exkursionen führen unter anderem zur Böhm-Siedlung Gütergasse in Porz-Zündorf, die Klinikkirche St. Johannes der Täufer in Köln, zum Umbau der Godesburg in Bonn und zu seinen Projekten in Bergisch Gladbach. Bus-Exkursionen, organisiert von koelnarchitektur.de und dem Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz widmen sich übergeordneten Themen wie „Der andere Böhm: Wie die Stadt im Maßstab des Hauses funktioniert“ oder „Böhm-Kirchen im Oberbergischen“. Eine Fahrradexkursion des Bundes Deutscher Architekten BDA erkundet Böhm mit dem Rad vom Bethanien Kinder- und Jugenddorf bis zur Waisenhauskirche in Köln-Sülz.

Nicht zuletzt wird es zahlreiche Vorträge und Diskussionen zu Böhm geben, eine ganze Reihe richtet dabei das Architektur Forum Rheinland in Köln aus, unter anderem zu den Themen „Öffentliche Bauten. Arbeiten in Böhm-Gebäuden“, „Dynastie. Eine Familie macht Architektur“, „Kathedralen der Verwaltung. Wegweisende Bürogebäude“, „Visionen. Der Weltbaumeister“ sowie „Böhm und Kollegen. Die Sicht der Kinder“. Die Fakultät für Architektur der TH Köln präsentiert außerdem am 21. April beim Symposium „Zeitschnitte“ zehn Häuser aus sechs Jahrzehnten, die von jungen Architekten und Architekturhistorikerinnen aus heutiger Perspektive beleuchtet werden, und zeigt zudem den Dokumentarfilm „Die Böhms“ von Maurizius Staerkle Drux, der 2014 in den Kinos lief. Eine weitere Möglichkeit, den Film zu sehen, bietet sich am 10. September sogar in einem weiteren Böhm-Bau – dem Bürgerhaus Bergischer Löwe (1977 – 1980) in Bergisch Gladbach.

Elp

BÖHM100 – 16 Akteure, 35 Veranstaltungen, 100 Jahre

Fotos: Dorothea Heiermann

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