Geplanter Abriss der Zentralen Tierversuchslaboratorien in Berlin

„Mäusebunker“ in Gefahr

„Mäusebunker“ wird das Sichtbetongebäude der Zentralen Tierversuchslaboratorien in Berlin-Steglitz mit drastischer Klarheit genannt. Gerd und Magdalena Hänska entwarfen das Gebäude mit seinen wie Kanonenrohre aus der geböschten Fassade hervorschauenden blauen Lüftungsrohren zwischen 1969 und 1972. Erst 1981 wurde es fertiggestellt. Der Bau dient heute der Forschungseinrichtung Experimentelle Medizin (FEM) und gehört zum Berliner Universitätsklinikum, der Charité. Sie will den „Mäusebunker“ jetzt abreißen lassen. Die Laboratorien seien nicht mehr zeitgemäß, das Gebäude zu energieaufwendig, das Grundstück werde für Neubauten eines Forschungscampus gebraucht. Die letzten Mitarbeiter sollen in diesem Sommer das Haus verlassen. Das immer noch faszinierend-befremdliche Gebäude mit dem Look eines Linienschiffs aus dem ersten Weltkrieg oder eines notgelandeten Stealth-Bombers war in der Ausstellung „SOS Brutalismus“, die das Deutsche Architekturmuseum DAM und die Wüstenrot Stiftung ausrichteten, als eins der zehn bedeutendsten brutalistischen Bauwerke Deutschlands nominiert.

Nicht besser soll es dem direkt gegenüberliegenden gestalterischen Antipoden ergehen: Auch das von Hermann Fehling und Daniel Gogel ab 1966 in geschwungenen Formen entworfene, an Hans Scharouns Architektur erinnernde Institut für Hygiene und Mikrobiologie (heute: Institut für Hygiene und Umweltmedizin) will die Charité abbrechen. Die Denkmalpflege hält sich bisher allzu bedeckt, was die längst überfällige Unterschutzstellung der Bauten angeht. Insider vermuten, dass die Behörde in einem Interessenskonflikt steckt, weil Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller gleichermaßen oberster Dienstherr der Landesdenkmalamtes und Aufsichtsratsvorsitzender der Charité ist. Wie dem auch sei: In einer Zeit, in der das architektonische Erbe der 1960er und 1970er Jahre nicht nur neu bewertet, sondern auf neue Weise ästhetisch wertgeschätzt wird, erscheint es geradezu absurd, dass diese beiden bedeutenden Zeugnisse des Berliner Selbstbehauptungswillens dieser Jahre, der mit bemerkenswertem architektonischem Engagement einherging, ohne Not weichen sollen.

Doch formiert sich Widerstand: Eine Initiative des Kunsthistorikers Felix Torkar und des Architekten Gunnar Klack fordert zur Unterzeichnung einer Petition auf, um den Abriss zu verhindern und die Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen. „Der Mäusebunker und das Hygieneinstitut bieten viel Platz für neue Institute, als Veranstaltungs- oder Konferenzzentrum, Archiv, Serverzentrum, für neue Labore und vieles mehr. Die flexiblen Grundrisse bieten große Gestaltungsfreiheiten, um andere Funktionen aufzunehmen“, argumentiert die Initiative – entgegen der Charité, die lapidar verlautbarte, dass man „aufgrund der besonderen baulichen Struktur“ zumindest für den „Mäusebunker“ kein Nachnutzungskonzept gefunden habe. Auch für das Hygieneinstitut liegt eine „Beseitigungsanzeige“ vor. Inzwischen plant der BDA Berlin eine Ausstellung zu beiden Bauten im Herbst. Den Aufruf zum Erhalt von „Mäusebunker“ und Fehling+Gogels Bau kann man unterzeichnen auf: www.mäusebunker.de. Noch gibt es Alternativen…

Andreas Denk

Foto: Gunnar Klack

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